Vor der Parlamentswahl in der Südkaukasusrepublik Georgien haben Zehntausende Regierungsgegner in der Hauptstadt Tiflis für einen Machtwechsel demonstriert.
Zwei Tage vor der Abstimmung versammelten sich Schätzungen zufolge bis zu 200.000 Menschen im Stadtzentrum. Es herrsche Volksfeststimmung, berichtete ein Korrespondent der Nachrichtenagentur dpa am Samstag. Im Zentrum war kein Durchkommen, viele Straßen waren für den Verkehr gesperrt.
Zahlreiche Menschen trugen blaue T-Shirts der Bewegung Georgischer Traum des Milliardärs Bidsina Iwanischwili, die bei der Abstimmung am Montag die Partei von Präsident Michail Saakaschwili im Parlament ablösen will. Auf einer Bühne traten bekannte Popsänger auf, darunter Iwanischwilis Sohn Bera. Auch in der zweitgrößten Stadt Kutaissi gingen etliche Anhänger der Opposition auf die Straße.
Entscheidende Wahl
Saakaschwili versuchte indes, an der Schwarzmeerküste noch Stimmen zu sammeln. In der Stadt Poti nahm der Staatschef an der Einweihung einer Kirche teil. Die Bevölkerung in der Ex-Sowjetrepublik ist sehr religiös. Ein Video auf seinem offiziellen YouTube-Kanal zeigte Saakaschwili umringt von Kindern. Am Vortag hatte er sich bei einer Großkundgebung in einem Stadion in Tiflis kämpferisch gezeigt. Die Wahl werde «entscheidend» für Georgiens Zukunft, sagte er. Medienberichten zufolge kamen etwa 60.000 Unterstützer.
Iwanischwilis Berater verbreiteten eine Studie des deutschen Meinungsforschungsinstituts Forsa, nach der Georgischer Traum vor einem Erdrutschsieg steht. Der Wahlkampf war auch durch einen Folterskandal in den Gefängnissen aufgeheizt worden. Wegen unmenschlicher Behandlung von Häftlingen nahm die Polizei einen hochrangigen Mitarbeiter eines Gefängnisses in Kutaissi fest. Damit sind nun 19 Beschuldigte in dem Skandal in Haft, der vor knapp zwei Wochen durch Videoaufnahmen publik geworden war.
Parlamentspräsident David Bakradse, zugleich Spitzenkandidat von Saakaschwilis Vereinter Nationaler Bewegung, kündigte eine freie und demokratische Wahl an. Oppositionsvertreter klagen hingegen über eine Atmosphäre der Einschüchterung. Dutzende Regierungsgegner wurden während Kundgebungen festgenommen. Die Polizei bestreitet politische Motive. Zahlreiche ausländische Beobachter wollen die Abstimmung überwachen, davon mehr als 300 von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
dpa/mh - Bild: Vano Schlamow (afp)