Nach der Verwechslung zweier Opfer der Flugzeugkatastrophe von Smolensk hat der polnische Ministerpräsident Donald Tusk vor weiteren Spekulationen über einen Anschlag gewarnt. Gleichzeitig rief er am Donnerstag im polnischen Parlament dazu auf, das Unglück vom April 2010 nicht weiter für den politischen Parteienstreit auszunutzen.
Beim Absturz der Maschine des damaligen polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski über dem russischen Smolensk waren mehr als 90 Vertreter der politischen und militärischen Elite Polens ums Leben gekommen.
Während der offizielle Untersuchungsbericht das Unglück auf Pilotenfehler zurückführt, vermutet unter anderem der Zwillingsbruder Kaczynskis, der nationalkonservative Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski, einen Mordanschlag auf den Präsidenten.
Seit DNA-Untersuchungen nach der Exhumierung zweier Absturzopfer vor wenigen Tagen ergeben hatten, dass die Leiche der ehemaligen Solidarnosc-Gewerkschafterin Anna Walentynowicz mit einem anderen Opfer verwechselt worden war, erhielten die Verschwörungstheorien neuen Auftrieb. Die russischen Ermittler hätten etwas vertuschen wollen, wurde spekuliert.
Entschuldigung bei Angehörigen der Absturzopfer
Tusk entschuldigte sich am Donnerstag bei den Angehörigen der Absturzopfer, dass sie nicht nur wegen des Unglücks, sondern auch wegen der Fehler bei der Identifizierung der Leichen leiden mussten. Auch Justizminister Jaroslaw Gowin bedauerte im Parlament die Verwechslung. Die Kritik von Familienangehörigen, dass die Leichen in geschlossenen Särgen zur Beerdigung übergeben worden seien, wies er allerdings zurück. Dies entspreche den geltenden Rechtsvorschriften, betonte er.
Nachdem sich nun erstmals der von Angehörigen schon wiederholt geäußerte Verdacht der Verwechslung von Leichen bestätigt hat, will die polnische Staatsanwaltschaft bis Dezember mindestens sechs Exhumierungen durchführen, um die Identität der Opfer zu bestätigen, kündigte Generalstaatsanwalt Andrzej Seremet an.
dpa - Archivbild: Radek Pietruszka (epa)