Brüssel zieht Konsequenzen aus jüngsten Medizinskandalen: Undichte Brustimplantate oder schadhafte Hüftgelenke sollen in Europa nicht mehr vorkommen. Auch andere Medizinprodukte wie Schwangerschaftstests, Herzschrittmacher oder Kontaktlinsen sollen sicherer werden.
Entsprechende Vorschläge hat EU-Gesundheitskommissar John Dalli am Mittwoch in Brüssel vorgestellt. Kritikern sind die Standards aber weiterhin zu lasch.
Dalli zeigte sich überzeugt, dass die neuen Regeln künftig Affären wie jene um den französischen Implantathersteller PIP (Poly Implant Prothèse) verhindern würden. PIP hatte mit billigem Industriesilikon gefüllte Brustimplantate hergestellt, die viele Frauen sich wieder entfernen lassen mussten. Häufigere Kontrollen sollen derartige Vorfälle vermeiden helfen.
Dem europäischen Verbraucherdachverband BEUC genügt dies nicht. Er bemängelt, dass die EU-Kommission keine umfassenderen Kontrollen schon vor der Zulassung vorsieht wie bei Medikamenten. "Wenn es ein Problem mit einem Arzneimittel gibt, setzt der Patient einfach die Einnahme ab", kommentierte BEUC-Chefin Monique Goyens. "Wenn ein Implantat problematisch ist, müssen Patienten sich riskanten Operationen unterziehen, um es entfernen zu lassen."
Dalli verteidigte die Entscheidung, keine umfangreichen Auflagen noch vor der Marktzulassung zu verlangen. Der PIP-Fall sei ein Betrug gewesen, Inhaltsstoffe falsch deklariert worden - eine Schummelei, die auch ein scharfes Zulassungsverfahren nicht verhindert hätte. Genehmigungsverfahren vor der Marktzulassung würden zu Verzögerungen führen, sagte Dalli. Bei 500.000 Medizinprodukten in Europa sei dies nicht praktikabel, zumal solche Verfahren üblicherweise etwa 400 Tage dauerten.
Wenn Europaparlament und EU-Staaten dem Vorschlag der EU-Kommission zustimmen, könnten die neuen Regeln zwischen 2015 bis 2019 in Kraft treten.
dpa/mh - Archivbild: Anne-Christine Poujat (afp)