Der Skandal um Foltervideos aus einem Gefängnis in Georgien bringt Präsident Michail Saakaschwili zunehmend in Bedrängnis. Gut eine Woche vor der Parlamentswahl am 1. Oktober versammelten sich in der Südkaukasusrepublik am Samstag Tausende von Regierungsgegnern zu einer Großkundgebung.
Die Anhänger der oppositionellen Bewegung Georgischer Traum des Milliardärs Bidsina Iwanischwili demonstrierten in der Stadt Sugdidi. Der Fernsehsender TV-9 zeigte Bilder einer riesigen Menschenmenge in der Stadt an der Grenze zur abtrünnigen Region Abchasien. In der Hauptstadt Tiflis wollten erneut Studenten aus Protest gegen Gewalt auf die Straße gehen.
Saakaschwilis Vorgänger Eduard Schewardnadse beklagte angesichts der brutalen Aufnahmen mit schweren Misshandlungen und Vergewaltigungen von Häftlingen eine «Rückkehr zur Sklaverei». Patriarch Ilia II. rief zu Ruhe und Ordnung auf. Der prominente Fußball-Nationalspieler Surab Chisanischwili forderte Saakaschwili zum Rücktritt auf. In einem Musikvideo mit dem Titel «Das System muss zerstört werden» riefen alternative Künstler zu Protesten auf.
Nach der «Rosenrevolution» von 2003, bei der Saakaschwili Schewardnadse aus dem Amt vertrieben hatte, sprechen immer mehr Leute in der Ex-Sowjetrepublik von einer «Besenrevolution». Auf den Foltervideos werden Gefangene auch mit Besenstielen vergewaltigt. Bereits seit Tagen verbrennen vor allem junge Leute bei Protesten Reisigbesen.
Strafvollzugsminister Georgi Tuguschi widersprach Medienberichten, dass mehrere Häftlinge im berüchtigten Gefängnis Nr. 8 in Tiflis in den Hungerstreik getreten seien. Wegen andauernder brutaler Quälereien würden die Gefangenen die Nahrung verweigern, hatte zuvor die Agentur Interpressnews gemeldet. Ihr Sohn werde trotz der Veröffentlichung der Foltervideos weiter misshandelt, zitierte die Agentur die Mutter eines Gefangenen. Ein mittlerweile entlassener Sträfling verklagte unterdessen Ex-Innenminister Batscho Achalaja, der am Donnerstagabend zurückgetreten war.
dpa