Nach seinem Einsatz für freie Wahlen in Russland hat die Staatsduma in Moskau dem Oppositionspolitiker Gennadi Gudkow mit einem Entzug des Mandats vor die Tür gesetzt. Gudkow wertete das am Freitag in einer emotionalen Rede als Rache für seine Organisation der Massenproteste gegen die Wahlfälschung in Russland und für ein Ende der Dauerherrschaft von Kremlchef Wladimir Putin. "Das ist eine Schande für unser Land", sagte der 56-jährige. Die Opposition nimmt an diesem Samstag nach der Sommerpause ihre Proteste wieder auf.
Der bisher beispiellose Schritt gilt als ein Versuch, die Opposition einzuschüchtern. Der Politologe Alexej Makarkin sprach von einem klaren Signal an die "Elite des Landes", dem Kreml zu dienen und sich nicht auf die Straßenproteste einzulassen.
291 Abgeordnete für Rauswurf
Die Kremlpartei Geeintes Russland folgte mit ihrer Entscheidung einem Antrag der Staatsanwaltschaft, die gegen Gudkow wegen illegaler Nebengeschäfte ermittelt. Für den Rauswurf des Politikers, der wie Putin einst dem berüchtigten Geheimdienst KGB diente und deshalb umstritten ist, stimmten 291 der anwesenden 444 Abgeordneten. 150 Parlamentarier - vor allem von Gudkows Partei und den Kommunisten - votierten dagegen.
Die außerparlamentarische Opposition verurteilte den Schritt. "Das ist ein weiterer Fehler. Man hat das Gefühl, dass jemand noch extra Öl ins Feuer gießt", sagte der linke Oppositionsführer Sergej Udalzow. Er geht davon aus, dass dieser "Skandal" noch mehr Menschen zu der für diesen Samstag in Moskau geplanten Kundgebung treibe.
Die Behörden haben nur 25.000 Teilnehmer statt der beantragten Zahl von 50.000 zugelassen. 7000 Einsatzkräfte sollen nach einer Verschärfung des Versammlungsgesetzes für Ordnung in der russischen Hauptstadt sorgen.
Entscheidung ohne Gerichtsurteil
Der Oppositionspolitiker und frühere Vizeregierungschef Boris Nemzow kritisierte, dass die Duma ohne ein Gerichtsurteil oder den Abschluss der Ermittlungen gegen Gudkow entschieden habe. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, noch im September über eine mögliche Anklage gegen Gudkow zu entscheiden. Duma-Mitgliedern sind Nebenverdienste mit Privatfirmen verboten.
Gudkow soll mehrere Firmen gegründet und geleitet sowie Direktoren selbst bestimmt haben. Allerdings stehen zahlreiche Abgeordnete auch der Kremlpartei im Ruf, genau dies ebenfalls zu tun. Deshalb gilt das Vorgehen gegen Gudkow als politisch motiviert. Seine Mitorganisation früherer Proteste galt als Tabubruch.
Er werde gegen die Parlamentsentscheidung vor dem Obersten Gerichtshof Beschwerde einlegen, sagte Gudkow. Das EU-Parlament hatte am Donnerstag die politische Verfolgung Gudkows kritisiert. Dieser Fall sei neben anderen ein Beweis für die mangelnde Rechtsstaatlichkeit in Russland, hieß es.
Ulf Mauder, dpa/wb - Bild: str/afp