Papst Benedikt XVI. reist zum zweiten Mal in seinem Pontifikat in den Nahen Osten. Vom Bürgerkrieg in Syrien, dem Nachbarland der Libanesen, überschattet, gilt der Besuch des Oberhaupts der Katholiken nicht nur dem kleinen Land mit der christlichen Minderheit, sondern vielmehr der gesamten Krisenregion.
Weil es schon Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten auch im Libanon gab, setzten manche ein Fragezeichen hinter die Reise des Pontifex. So nah ist ein Papst nicht oft an den Orten der Gewalt und des Blutvergießens. Doch diesen Papst müsste man schon zwingen, sein Gottvertrauen abzulegen und eine Reise abzusagen.
Überschattet wird der hohe Besuch aus Rom jetzt auch von der aufgeflammten Gewalt in Libyen, Ägypten und anderen arabischen Ländern. Ausgelöst wurden die Unruhen offenkundig durch einen US-Videofilm, in dem der Prophet Mohammed verunglimpft wird. Der Vatikan reagierte sofort - er verurteilte nicht nur eine «völlig inakzeptable Gewalt», sondern vor allem auch die «ungerechtfertigten Provokationen und Beleidigungen der Gefühle gläubiger Muslime». Der Heilige Stuhl fordert immer wieder Respekt für die Gläubigen aller Religionen.
Ich gebe euch meinen Frieden
«Nicht abfinden mit der Gewalt im Nahen Osten.» Mit diesen Worten hat Benedikt kurz vor der Reise zum Dialog aufgefordert. Zwar wandte er sich vor allem an die internationale Gemeinschaft, die aktiv einen Prozess hin zu einem stabilen Frieden in der Region begleiten müsse. Benedikts Sprecher Federico Lombardi stellte dann jedoch klar, dass der Papst als Kirchenoberhaupt kommt, nicht als Politiker. So dürfte er politische Positionen etwa zum Bürgerkrieg im knapp 100 Kilometer entfernten Syrien oder auch zum «Arabischen Frühling» vermeiden. Ein Jesus-Wort ist Benedikts Reise-Motto: «Ich gebe euch meinen Frieden.»
Vor 15 Jahren kam Vorgänger Johannes Paul II. in das Land, das einen blutigen Bürgerkrieg hinter sich hatte. Karol Wojtyla reiste auch an, um den Christen im Libanon den Rücken zu stärken. Mehrfach hatte er dazu aufgerufen, die interne Gewalt zu beenden, die Beirut, die einst so blühende Hafenstadt am Mittelmeer, in Schutt und Asche gelegt hatte. Benedikt wiederum appellierte in diesen Monaten immer wieder, in Syrien nach einer friedlichen Lösung zu suchen. Das wird er wieder tun, richtet sich seine Botschaft doch an die ganze Region. Dafür reist er in ein Land mit fast 20 Religionsgemeinschaften, einem möglichen Zukunftslabor für ein Miteinander in religiöser Vielfalt.
Wie schwer es die Christen in ihrem Heiligen Land, aber auch im Irak und in Ägypten haben, davon bekam Benedikt 2009 in Israel und in den palästinensischen Gebieten einen Eindruck. Dem Vatikan geht es um Öffnung, damit Christen und Muslime zusammenleben und im Sinne einer «neuen Gesellschaft» kooperieren können. So steht es auch in dem Papier, das Grundlage für den äußeren Anlass der Papst-Reise gen Osten ist. Benedikt unterschreibt und übergibt im Libanon das Schlussdokument der Nahost-Bischofssynode von vor zwei Jahren. Diese suchte Wege aus der «dramatischen Lage» von Christen in der Region.
Sonntagsmesse in Beirut
Zwei oder drei Fahrstunden von der gefährlichen libanesischen Grenze zu Syrien entfernt, kann Joseph Ratzinger im ziemlich ruhigen Beirut seine Botschaft des Friedens und der Ermunterung der verbliebenen Christen ausbreiten. Sehr große Sicherheitsmaßnahmen sollen Benedikt während des Besuchs vom 14. bis 16. September in der Stadt schützen, in der man sich früher so viele Jahre nicht gefahrlos bewegen konnte.
Um eine päpstliche «politische Agenda» der Konfliktlösung werde es nicht gehen, das hatte schon Benedikts Nuntius in Israel und Zypern, Antonio Franco, dem Radio Vatikan erklärt. Wohl aber um dieses: Der Pontifex dürfte nachdrücklich die Christen ermuntern, zu bleiben und sich für Frieden und Versöhnung einzusetzen, «wobei sich in einem solchen Umfeld offensichtlich dann auch gerechte politische Wege finden.» Dafür müssten sich die Christen jedoch auch untereinander einig werden. Und: «Solange der arabisch-israelische Konflikt nicht gelöst ist, werden Gläubige weiterhin das Heilige Land verlassen.»
Bleibt der andere Strang des päpstlichen Auftrags, ebenfalls in der Region mit großen Erwartungen verknüpft. Im Präsidentenpalast in Baabda kommt Benedikt mit den führenden Köpfen der Muslime im Libanon zusammen. Das sei ein wichtiges Signal gegen den in die ganze Region ausstrahlenden israelisch-palästinensischen Unruheherd, sagte bereits der in Damaskus residierende melkitisch-katholische Patriarch von Antiochien, Gregorius Laham III. Im Libanon sei der Dialog zwischen Muslimen und Christen schon beispielhaft. Zum Ende seiner Libanon-Reise kommt der Seelsorger Ratzinger zu Wort und wendet sich an seine Katholiken - in einer Sonntagsmesse.
Von Hanns-Jochen Kaffsack, dpa - Bild: Patrick Baz, afp