Einen Tag nach dem schweren Bootsunglück in der Türkei ist es vor der italienischen Insel Lampedusa zu einem neuen Flüchtlingsdrama gekommen. Nach einem Schiffbruch in der Nacht zum Freitag wurde ein Flüchtling tot geborgen, etwa 40 Migranten galten als vermisst. Helfer befürchteten, dass viele der Vermissten im Mittelmeer ertrunken sind, womöglich während des Untergangs in ihrem Flüchtlingsschiff eingeschlossen.
Erst am Donnerstag waren bei einer Havarie vor der Westküste der Türkei mindestens 61 Menschen ums Leben gekommen, davon 31 Kinder und 18 Frauen. Die meisten Toten wurden aus dem verschlossenen Frachtraum des Fischerbootes geborgen. Es hatte einen Felsen gerammt und war gekentert. "Der Tod im Meer für ganze Familien, Kinder und junge Leute, die vor Krieg und Hunger geflohen sind, gehört zu den schlimmsten Tragödien unserer Zeit", erklärte am Freitag Laura Boldrini, Sprecherin des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR).
Suche nach afrikanischen Flüchtlingen
Vor Lampedusa beteiligten sich am Freitag mehrere Flugzeuge sowie Helikopter und drei Nato-Kriegsschiffe neben Booten der Küstenwache an der Suche nach den afrikanischen Flüchtlingen. Ein im Nato-Konvoi fahrendes Schiff der deutschen Bundesmarine habe zwei Flüchtlinge aufgenommen, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
Insgesamt 56 Migranten konnten nach der Havarie zehn Seemeilen von Lampedusa entfernt gerettet werden. An Bord sollen mindestens 100 Tunesier gewesen sein. Etwa zehn Schiffbrüchige sollen sich auf die nahe gelegene kleine Insel Lampione gerettet haben, andere noch im Wasser sein. Die Suchmannschaften haben zunächst keine Spuren des untergegangenen Fischerbootes gesichtet. Das Hafenamt von Lampedusa koordiniert die umfangreichen Bemühungen, noch Überlebende zu finden.
Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft im sizilianischen Agrigent eine Untersuchung des Schiffbruchs eingeleitet. "Wir wollen wissen, ob Schleuser unter den Überlebenden sind", sagte Staatsanwalt Renato Di Natale italienischen Medienberichten zufolge. Unklar ist etwa, ob der Fischkutter so schnell gesunken ist, dass im Meer zunächst keine Hinweise auf einen Untergang gesichtet werden konnten. Überlebende berichteten übereinstimmend, der zehn Meter lange Fischkutter älterer Bauart sei innerhalb weniger Minuten in der Nacht untergegangen.
dpa/jp