Die norwegische Polizei ist einem Expertenbericht zufolge viel zu spät gegen den Massenmörder Anders Behring Breivik eingeschritten. Eine schnellere Reaktion der Polizei auf der Ferieninsel Utøya sei "eine realistische Möglichkeit" gewesen, heißt es in dem Bericht, den die Kommissionsvorsitzende Alexandra Bech Gjorv am Montag an Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg übergab. Die Verzögerung von 35 Minuten sei "nicht akzeptabel".
Breivik hatte im Juli vergangenen Jahres in Oslo und auf Utøya insgesamt 77 Menschen getötet. Noch in diesem Monat soll das Urteil gegen ihn gesprochen werden.
Gjorv sagte, der Bericht zeige "mehrere große Schwächen" in der Reaktion auf die Anschläge auf. So habe etwa die Kommunikation zwischen verschiedenen Einheiten der Polizei nicht ausreichend funktioniert, heißt es im Bericht. Die Notrufzentralen seien zudem überlastet gewesen. Berichte von Augenzeugen, die Breivik nach den Anschlägen im Osloer Regierungsviertel gesehen hatten, wurden nicht an die richtige Stelle weitergeleitet. Wäre das geschehen, hätten seine Bluttaten schon eher gestoppt werden können, heißt es weiter.
Der Bombenanschlag im Regierungsviertel, der acht Menschen das Leben kostete, hätte verhindert werden können, wenn bereits bestehende Sicherheitsmaßnahmen effektiver angewendet worden wären, teilte die zehnköpfige Kommission mit. Für die Zukunft rät die Kommission, den Verkauf von Waffen und Chemikalien schärfer zu kontrollieren, halbautomatische Waffen zu verbieten und die Teilnahme an terroristischer Ausbildung zu einer Straftat zu machen.
Ministerpräsident Stoltenberg hatte vor einem Jahr die zehn Mitglieder der Kommission benannt und ihnen den Auftrag auf den Weg gegeben, ein "sichereres Norwegen" zu schaffen und die Fakten zu Breiviks Anschlägen auf den Tisch zu legen. Gjorv sagte, die Berichterstatter hätten von der Polizei und anderen Behörden alle erbetenen Informationen erhalten. Der Bericht der Kommission hat einen Umfang von fast 500 Seiten.
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