Mit Protesten und Kampfansagen an die Regierung hat die ukrainische Opposition der umstrittenen Inhaftierung von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko vor einem Jahr gedacht. In einer Klinik in Charkow, in der die erkrankte 51-Jährige von Berliner Ärzten gepflegt wird, gaben Unterstützer für die Politikerin am Sonntag 365 Rosen ab - für jeden Hafttag eine Blume. Vor dem Krankenhaus forderten rund 100 Anhänger lautstark "Freiheit für Timoschenko".
Ein 20 Meter großes Banner mit der Aufschrift "Freiheit für Julia" entfalteten Regierungsgegner in der Hauptstadt Kiew an einer Brücke über den Dnjepr-Fluss. "Ihre Haft ist ein Zeichen der Hilflosigkeit der Staatsführung", sagte ein Oppositionssprecher. Er drohte vor der Parlamentswahl am 28. Oktober der regierenden Partei der Regionen von Präsident Viktor Janukowitsch einen harten Wahlkampf an.
Timoschenko sitzt seit dem 5. August 2011 in Haft. Die Politikerin leidet an einem Bandscheibenvorfall. Ihre Anhänger hatten der Staatsmacht Folter vorgeworfen, weil Timoschenko in Haft zunächst nicht angemessen medizinisch behandelt worden sei. Die Politikerin war am 11. Oktober wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Prozess wird international als politisch motiviert angeprangert.
In einer Zeltstadt von Timoschenko-Unterstützern in Kiew eröffnete die Opposition eine Foto-Ausstellung über die seit einem Jahr andauernde Haft. In der Metropole der Ex-Sowjetrepublik verteilten etwa 300 Anhänger der Ikone der prowestlichen Orangenen Revolution von 2004 zudem Aufkleber mit dem Spruch "365 Tage in Gefangenschaft: Sie ist ungebrochen - und du?" Timoschenko drohen in einem zweiten Prozess wegen angeblicher Veruntreuung zwölf weitere Jahre Haft. Gegen das erste Urteil läuft ein Berufungsverfahren.
dpa - Archivbild: Sergei Dolschenko (epa)