Als Reaktion auf den Barclays Skandal geht die EU gegen Zinsbetrüger vor: Die Manipulation wichtiger Zinssätze wie Libor oder Euribor soll künftig in der gesamten EU unter Strafe stehen. Einen entsprechenden Gesetzesvorschlag präsentierte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel.
Dabei geht es um jegliche Referenzsätze, die für Finanzgeschäfte maßgeblich sind. Dazu gehören Zinssätze, zu denen sich die Banken untereinander Geld leihen, aber auch Referenzwerte für Aktien oder Rohstoffe wie Gold und Öl. Neben der Manipulation selbst würde auch die Anstiftung oder Beihilfe dazu zum Straftatbestand.
Damit die Regeln in Kraft treten können, müssen das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten noch zustimmen.
Die EU-Staaten sollen verpflichtet werden, in ihrem nationalen Recht abschreckende Strafen wie Geldbußen oder Haft festzusetzen. Bislang verfolgen einige Länder solche Delikte nicht oder nur teilweise. Das Strafmaß sollen die Staaten aber selbst fixieren.
Die Kartellexperten der EU-Kommission ermitteln derzeit wegen angeblicher Manipulationen bei den standardisierten Zinssätzen Libor (London), Euribor (Europa) und Tibor (Tokio). Zu diesen Raten leihen sich die Banken untereinander Geld. An diesem Satz orientieren sich alle Kredite mit variablen Zinsen, die die Banken an Unternehmen oder Verbraucher geben. Im jüngsten Skandal sollen bis zu 18 Kredithäuser den Zinssatz Libor jahrelang manipuliert haben. Die britische Großbank Barclays hatte dies eingeräumt und öffentliche Empörung ausgelöst.
Verurteilung von betrügerischen Bankern
Die EU-Kommission ging mit betrügerischen Bankern hart ins Gericht. "Einige Banker sind wohl mehr Gangster als Banker, die mit den Geld ihrer Klienten spielen", sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding. Strafen könnten abschreckende Wirkung haben. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier nannte die Manipulationen an den Zinssätzen Libor und Euribor "ein Beispiel für skandalöses Verhalten von Banken".
Solche Manipulationen erschütterten das Vertrauen der Investoren und schadeten Unternehmen und Verbrauchern, sagte Reding. Denn die Zinsen für Wohnungen und Häuser, Studentenkredite oder die Kosten für Kreditkarten hingen davon ab: "Am Ende ist es der einfache Verbraucher, der zahlt."
Der Vorschlag ist Teil des EU-Gesetzespakets zur besseren Kontrolle der Finanzmärkte. Die EU-Kommission ergänzt nun ihren Vorschlag vom Oktober 2011 zu Marktmissbrauch. Im Oktober hatte die Kommission für solche Delikte empfohlen, dass die Geldbußen in der EU mindestens so hoch sein sollten wie der Gewinn daraus. Für Verantwortliche soll das maximale Bußgeld nicht unter 5 Millionen Euro liegen, bei Unternehmen ein Zehntel des Jahresumsatzes.
dpa/est/sd - Bild: Georges Gobet (afp)