Im Sanierungsprogramm der Griechen klafft laut «Süddeutscher Zeitung» (Montag) erneut ein Loch in zweistelliger Milliardenhöhe, das Athen durch noch mehr Sparen stoppen könne.
Allerdings hatten die seit Juni regierenden Parteien zusätzliche Belastungen für die Bevölkerung ausgeschlossen. Die Euro-Partner könnten andererseits weitere Darlehen von bis zu 50 Milliarden Euro bereitstellen.
Die Geldgeber, allen voran Deutschland, sind dem Blatt zufolge aber nicht mehr bereit, die Regierung in Athen über die bisherigen Zusagen hinaus zu unterstützen. Die «SZ» zitierte aus Berliner Regierungskreisen, es sei «undenkbar, dass Kanzlerin Angela Merkel noch einmal vor den Bundestag tritt und um Zustimmung für ein drittes Griechenland-Paket bittet».
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) signalisiert nach Informationen des «Spiegel», sich an keinen weiteren Hilfen für Griechenland zu beteiligen. Grund für den Rückstand Athens sei, dass während des Dauer-Wahlkampfs im Frühjahr fast alle Reformvorhaben liegen geblieben seien. Außerdem entstehe durch die von der Regierung geforderte längere Frist, die Reformen umzusetzen, ein erhöhter Finanzbedarf. Dieser liege nach Schätzungen der «Troika» genannten Finanzkontrolleure von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF zwischen zehn und 50 Milliarden Euro. Die im zweiten EU-Hilfspaket zugesagten Kredite in Höhe von 130 Milliarden Euro reichten somit nicht mehr aus.
Der deutsche Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hält ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone nicht mehr für unwahrscheinlich. «Für mich hat ein Austritt Griechenlands längst seinen Schrecken verloren», sagte er am Sonntag im ARD-Sommerinterview. Ein solcher Schritt wäre ohne Beispiel. Die EU-Verträge sehen dafür keinerlei Regelung vor. Allerdings könnte Griechenland von sich aus erklären, sich vom Euro zu verabschieden. Aber auch in diesem Fall wäre dies Neuland für das gesamte Euro-System.
Und dann?
Staatspleiten kommen immer wieder vor. Die gute Nachricht für Wackelkandidaten wie Griechenland: Bisher verschwand kein Pleite-Land von der Landkarte. Immer ging es irgendwie weiter. Wirtschaftswissenschaftler sprechen vom Staatsbankrott, wenn die Regierung fällige Forderungen nicht mehr erfüllt. Aus der Geschichte sind Dutzende Beispiele solcher Staatsbankrotte überliefert.
Oft schlossen Staaten einen Vergleich mit den Geldgebern und kamen schnell wieder aus den roten Zahlen. Anfang 2002 erklärte sich Argentinien für zahlungsunfähig. Die Pleite verlief allerdings ungeordnet, löste blutige Unruhen und hohe Arbeitslosigkeit im Land aus. Es kam zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten mit verärgerten Gläubigern. Heute sind die Wachstumsraten in dem südamerikanischen Staat trotz internationaler Schuldenkrise respektabel, die Jahresinflationsrate ist mit fast 25 Prozent aber äußerst hoch.
Eine Reihe von Ländern hat gleich mehrfach den finanziellen Offenbarungseid vor der Geschichte geleistet. Deutschland - samt seiner Vorläuferstaaten wie Preußen - dürfte es auf stattliche acht Pleiten gebracht haben, drei mehr als etwa Griechenland. Den unrühmlichen «Weltrekord» hält das stolze Spanien mit gleich 13 Bankrotten.
Um die Peinlichkeit einer öffentlichen Bankrott-Erklärung zu vermeiden, drucken Regierungen bisweilen immer mehr Geld, bis lästige Kredite «weginflationiert» sind. So war es in Deutschland 1923, als immer mehr Nullen auf das Papier gedruckt wurden, bis nach Monaten eine neu geschaffene Rentenmark einer Billion Reichsmark entsprach. Die große Armut und Arbeitslosigkeit sind den Deutschen bis heute schmerzhaft in Erinnerung. Wirtschaftshistoriker zählten allein im 20. Jahrhundert mehr als zwei Dutzend derartige Hyperinflationen als Notlösung für ein gewaltiges Staatsdefizit.
dpa / okr - Bild: epa