Die 228 Menschen an Bord des Air France-Todesflugs AF 447 von Rio de Janeiro nach Paris am Pfingstmontag 2009 haben nach Erkenntnissen der französischen Justiz vom Absturz bis zum Aufprall kaum etwas mitbekommen. Das geht nach Angaben von Angehörigen der Opfer aus zwei Gutachten hervor, deren Zusammenfassung ihnen die zuständige Ermittlungsrichterin am Dienstag in Paris präsentierte. "Allerdings werfen sie Fragen nach der Verantwortung von Airbus und Air France auf", sagte Robert Soulas, Präsident der Vereinigung Entraide et Solidarité AF447, der Nachrichtenagentur dpa.
Staatliche Ermittler der französischen Luftfahrtermittlungsbehörde BEA hatten vergangene Woche in ihrem Abschlussbericht gefolgert, dass die Crew nach einer Vereisung der für die Geschwindigkeitsmessung genutzten Pitot-Sonden mit einer theoretisch beherrschbaren Situation völlig überfordert war.
Ähnliche Schlüsse
Frankreichs Justiz kam den Angaben zufolge zu ähnlichen Schlüssen. Unverständlich für viele Angehörige sei die Frage, warum die für Vereisung anfälligen Sonden nicht früher ausgetauscht worden seien, sagte Soulas. Auch der Anwalt der Vereinigung, Alain Jakubowicz, äußerte sich ähnlich. "Es gibt da eine zunehmend größer erscheinende Verantwortung des Flugzeugherstellers - also Airbus - sowie auch von Air France", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Die Sonden des Herstellers Thales waren kurz nach dem Absturz aus dem Verkehr gezogen worden. Der Ausfall der Sonde stand am Anfang einer verhängnisvollen Kette von Ereignissen, bei denen die Piloten im Cockpit komplett die Kontrolle verloren. Der Airbus A330-200 stürzte daraufhin mitten in der Nacht ins Meer. Alle Menschen an Bord - darunter 28 Deutsche - starben. Die Ermittler der französischen BEA empfahlen bessere Pilotenschulung, aber auch Verbesserungen der Anzeigen im A330-Cockpit. Während sie nur der Frage nach dem Warum nachgingen und Vorschläge zur Vermeidung ähnlicher Unfälle machten, interessiert die Justiz die Frage nach einem möglichen Mitverschulden.
Die zuständige Ermittlungsrichterin muss nun aufgrund der eigenen Gutachten und auch der Stellungnahmen aller Beteiligten in den kommenden Monaten entscheiden, ob sie ein förmliches Anklageverfahren einleitet oder nicht. Air France hatte bereits nach dem BEA-Abschlussbericht jede Schuldzuweisung in Richtung des Unternehmens oder der Piloten zurückgewiesen. Airbus hatte in einer ersten Stellungnahme eine ausführliche Analyse des Gutachtens angekündigt. Das Unternehmen werde jede Chance ergreifen, die Flugsicherheit weiter zu verbessern.
dpa/cd - Archivbild: bea/epa