Das rumänische Parlament hat am Freitagabend auf Initiative der sozial-liberalen Regierung die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den bürgerlichen Staatspräsidenten Traian Basescu beschlossen. Er muss sein Amt nun sofort ruhen lassen. Ob Basescu tatsächlich sein Amt verliert, sollen die Rumänen nach Angaben des Ministerpräsidenten Victor Ponta bei einer Volksabstimmung am 29. Juli entscheiden. Bis dahin übernimmt Senatspräsident Crin Antonescu als zweiter Mann im Staat die Befugnisse des Präsidenten.
Berlin und Brüssel hatten sich zuvor wegen des Machtkampfs in Bukarest besorgt gezeigt. Ministerpräsident Ponta widersprach diesen Befürchtungen. Er garantiere die weitere normale Funktionsweise der Staatsinstitutionen, sagte er am Abend nach dem Votum im Parlament.
256 Abgeordnete und Senatoren für Antrag
Für den Antrag stimmten 256 Abgeordnete und Senatoren, 114 stimmten dagegen. Notwendig waren nur 217 Ja-Stimmen. In Bukarest und in anderen Städten begannen unmittelbar nach der Verkündung des Ergebnisses Demonstrationen für und gegen Basescu. Vereinzelt kam es dabei zu Prügeleien zwischen Demonstranten der gegnerischen Lager.
Pontas Sozialisten (PSD) und Antonescus Liberale (PNL) werfen Basescu vor, die Verfassung durch Anmaßung von Regierungsbefugnissen und Beeinflussung der Justiz verletzt zu haben. Zudem habe Basescu das für den Staatschef geltende Gebot der Überparteilichkeit nicht respektiert.
In der Debatte hatte Basescu den Antrag als "starke Erschütterung des demokratischen Systems" bezeichnet, die vor allem die Justiz bedrohe. "Die Justiz hat angefangen zu funktionieren, das erschreckt die Verbrecher, ob sie nun Politiker sind oder von außerhalb mit der Politik verbunden sind", sagte Basescu. Sein Gegenredner Antonescu betonte, dies sei "kein Staatsstreich". Vielmehr befinde man sich "inmitten eines demokratischen parlamentarischen Akts".
US-Regierung besorgt über Entwicklung in Rumänien
Die US-Regierung hat sich besorgt über die innenpolitische Krise in Rumänien geäußert. Vor dem Hintergrund des Machtkampfes zwischen dem sozialistischen Regierungschef Victor Ponta und dem bürgerlichen Staatspräsidenten Traian Basescu sehe man die Gewaltenteilung in dem Nato-Partnerland bedroht und unabhängige Institutionen wie die Gerichte geschwächt, erklärte Außenamtssprecherin Victoria Nuland am Freitagabend (Ortszeit) in Washington.
"Wir drängen darauf, dass dieser Vorgang in einer vollständig fairen und transparenten Weise durchgeführt wird, unter peinlichster Beachtung der Rechtstaatlichkeit und demokratischer Ideale", erklärte Nuland. In Übereinstimmung mit den europäischen Partnern erwarte man, dass Rumänien die gemeinsamen Werte und Prinzipien, die die europäische und transatlantische Staatengemeinschaft verbinde, einhalte und schütze.
Europarat lässt Präsidenten-Absetzung überprüfen
Der Europarat will die Rechtmäßigkeit des Amtsenthebungsverfahrens gegen Rumäniens Präsidenten Traian Basescu überprüfen lassen. Die Venedig-Kommission des Gremiums solle eine Einschätzung abgeben, ob die jüngsten Entscheidungen der rumänischen Regierung und des Parlaments in Bukarest mit demokratischen Prinzipien und der Gesetzgebung in Einklang sind, erklärte der Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland, am Samstag in Straßburg.
Die 1990 eingerichtete Europäische Kommission für Demokratie durch Recht ("Venedig-Kommission") ist ein unabhängiges Beratungsorgan für verfassungsrechtliche Fragen. Alle 47 Mitgliedstaaten des Europarats sind Mitglieder der Venedig-Kommission - auch Rumänien.
Der österreichische Europa-Abgeordnete Hannes Swoboda (SPÖ), hat kein Problem mit dem Vorgehen der Regierung des sozialistischen Regierungschefs Victor Ponta gegen den konservativen Staatspräsidenten Basescu: "Das Amtsenthebungsverfahren ist in der Verfassung vorgesehen", sagte der Fraktionschef der Sozialisten im Europaparlament am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Er sei gegen "einseitige politische Stellungnahmen, nachdem über Jahre hindurch, wo der Präsident Basescu Rechte verletzt hat, alle geschwiegen haben."
dpa/rkr - Bild: Andrei Pungovschi (afp)