Für die Opposition ist es ein Triumph, für das syrische Regime ein schwerer Schlag: Brigadegeneral Manaf Tlass, ein vormals enger Freund der Familie Assad hat sich nach Angaben der Freien Syrischen Armee mit Hilfe von Deserteuren in die Türkei abgesetzt. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums erklärte am Freitag, Tlass sei inzwischen auf dem Weg nach Paris. Er soll Familie in Frankreich haben.
Der Kommandeur der Freien Syrischen Armee, Riad al-Asaad, sagte der Nachrichtenagentur dpa in einem Telefoninterview, er habe Tlass während seines Aufenthalts in der Türkei nicht getroffen. Er bestätigte jedoch: "Unsere Leute haben ihm geholfen."
Zweifel an Motiven
Ein Hauptmann der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee in der türkischen Grenzprovinz Hatay sagte: "Für den Sturz des Regimes ist die Fahnenflucht dieses Mannes zwar ein wichtiger Faktor." Jedoch habe sich der General, der die 105. Brigade der Republikanischen Garden befehligt hatte, so spät abgesetzt, dass Zweifel an seinen Motiven angebracht seien. "Was ist eine Fahnenflucht noch wert, wenn das Regime schon dabei ist, sich aufzulösen?", fragte Amar al-Wawi.
Tlass gehörte zu den wenigen Sunniten in der von Alawiten dominierten Militärführung. Er ist der Sohn des früheren Verteidigungsministers Mustafa Tlass. Er soll ein Mitspracherecht bei der Beförderung sunnitischer Offiziere gehabt haben. Die Familie von Präsident Baschar al-Assad gehört der alawitischen Minderheit an.
Tlass war vor seiner Flucht in seinem Haus im Damaszener Stadtteil Messe angeblich unter Hausarrest gestellt worden. Unter Experten gilt der Kommandeur als möglicher Kandidat für eine Führungsrolle im Sicherheitsapparat nach einem Zusammenbruch des Assad-Regimes. Tlass war in jungen Jahren ein Freund von Basil al-Assad, der 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Basil war vom damaligen Präsidenten Hafis al-Assad ursprünglich als Nachfolger vorgesehen gewesen. Nach dem Tod des Lieblingssohnes rückte der Augenarzt Baschar nach, der schließlich im Jahr 2000 das politische Erbe seines Vaters antrat.
Keine Bestätigung aus der Türkei
Vom türkischen Außenministerium gab es am Freitag keine Bestätigung für eine Ein- oder Durchreise von Tlass. "Zumindest bis zur vergangenen Nacht ist kein Mann mit diesem Namen in die Türkei eingereist", sagte ein Sprecher des Ministeriums der Nachrichtenagentur dpa. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass Tlass unter anderem Namen über die Grenze gekommen sei.
Am Freitag sollen in Syrien mehr als 40 Menschen von den Sicherheitskräften getötet worden sein. In mehreren Städten fanden nach dem Mittagsgebet Anti-Regime-Demonstrationen unter dem Motto "Freitag des Volksbefreiungskampfes" statt. In zwei Stadtteilen der Hauptstadt Damaskus kam es zu Zusammenstößen. Das staatliche Fernsehen berichtete von "Anti-Terror-Operationen" in Deir as-Saur, Latakia, Homs, Idlib und Daraa.
dpa/cd - Bild: Balkis Press (afp)