Einen Monat nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben sich SPD und Grüne auf einen Koalitionsvertrag für die nächsten fünf Jahre geeinigt. Trotz Oppositionskritik am Schuldenkurs will das Bündnis seine Investitionen in Bildung, Soziales und Kommunen nun mit eigener Mehrheit fortsetzen.
«Wir werden belegen, dass sich vorbeugende Politik rechnet», sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Dienstag nach Abschluss der dreiwöchigen Verhandlungen. Der 200-seitige Vertragsentwurf enthält unter anderem das Versprechen einer Ausbildungsgarantie.
Der Regierungsvertrag muss am Freitag noch von Sonderparteitagen abgesegnet werden. Kraft könnte dann am 20. Juni im Landtag zur Ministerpräsidentin wiedergewählt werden. «Es ist ein guter Koalitionsvertrag zweier Partner, kein Formelkompromiss wie in Berlin, sondern eine belastbare Arbeitsgrundlage für die nächsten fünf Jahre», sagte sie.
Die Verhandlungsführerin der Grünen, NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann, lobte «faire Kompromisse» und äußerte sich zuversichtlich, dass die Ökopartei ihre Kernthemen Kinder, Klima, Kommunen ausgestalten könne. Der Einigung war ein insgesamt 19-stündiger Gesprächsmarathon von Montag auf Dienstagmorgen vorausgegangen.
Sparen, aber wie?
Trotz ihrer Investitionsschwerpunkte wollen sich SPD und Grüne verpflichten, bis 2017 eine Milliarde Euro einzusparen. «Alle Förderprogramme sind daraufhin zu überprüfen, ob sie auf eine Darlehensvergabe umgestellt werden können», heißt es im Vertragsentwurf. Bei den Programmen seien über 300 Millionen Euro einzusparen, sagte Kraft. Außerdem sollen Verwaltungsstandorte in der Zuständigkeit des Finanz-, Justiz- und Innenministeriums zusammengelegt oder sogar abgebaut werden. Einzelheiten nannte Kraft nicht.
Die Forderung der Grünen, 2000 Stellen bei der Polizei einzusparen, sei aber vom Tisch. Eine Kiesabgabe und höhere Gebühren bei der Justiz sollen zudem mehr Geld in die Landeskasse bringen. Auf dem schwierigen Feld der Energiepolitik haben beide Seiten zu einem Kompromiss gefunden: Sie bekennen sich zum Ausbau erneuerbarer Energien ebenso wie zur Notwendigkeit, «noch für eine längere Zeit» Kohlekraftwerke zur Stromversorgung zu akzeptieren.
Durch eine Aufspaltung des bisherigen Mammutministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen und Verkehr gibt es einen Ministerposten mehr für die SPD. Sie war bei der Wahl am 13. Mai mit 39,1 Prozent klar stärkste Partei geworden. Die Zahl der Ministerien erhöht sich damit auf zwölf. Die Personalkosten würden aber an andrer Stelle innerhalb des Hauses eingespart, versicherte Kraft. Die drei Minister der Grünen behalten ihre Ressorts Schule, Umwelt und Gesundheit. Über die Besetzung der SPD-Posten wollte Kraft noch nichts sagen.
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