Im Kampf gegen die ärgerlichen Folgen der einstigen Übernahmeschlacht mit Porsche hat Volkswagen eine Sorge weniger - doch das nächste Problem naht schon heran.
Einerseits steht Europas größtem Autobauer VW nach monatelanger Prüfung ein Weg offen, das Porsche-Sportwagengeschäft ohne horrende Steuerlast komplett in sein Reich einzugemeinden.
Andererseits geht der Milliardenstreit um angebliche Marktmanipulationen bei der Übernahmeschlacht absehbar in die heiße Phase.
Eine ihrer größten Baustellen scheinen die einstigen Kontrahenten und heutigen Wunschpartner überwunden zu haben: Die clevere Auslegung einer Bestimmung im Steuergesetz erlaubt es den Wolfsburgern, die restliche Hälfte des hochprofitablen Sportwagengeschäftes der Porsche AG zu übernehmen, ohne dabei Steuern zu zahlen.
Mit dem simplen Verschieben einer VW-Stammaktie machen sie den Milliarden-Deal zu einer internen Umstrukturierung und umschiffen so die drohende hohe Steuerlast eines Verkaufs, welche die Übernahme bisher blockiert hatte. Es geht immerhin um schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro Ersparnis.
Politische Ohnmacht
Die politischen Reaktionen auf diesen am Samstag bekanntgewordenen Coup fielen am Montag eher nüchtern aus. Grün-Rot in Baden-Württemberg sieht sich dem Steuertrick machtlos ausgeliefert. Finanzminister Nils Schmid (SPD) nannte es «ärgerlich», wenn keine Steuern gezahlt und Schlupflöcher genutzt werden. Er betonte aber: «Die Landesverwaltung hält sich an Recht und Gesetz.» Jedoch will Schmid nun eine Änderung des entsprechenden Gesetzes auf Bundesebene prüfen. In Berlin hieß es aus dem Finanzministerium, dass der Fall wegen des Steuergeheimnisses öffentlich nicht bewertet werden dürfe.
Derweil ist der eigentliche Auslöser für den Griff zum Steuertrick noch lange nicht aus der Welt geschafft. VW und Porsche hatten auf die ursprünglich angestrebte Fusion verzichtet, weil Milliardenklagen auf der Porsche-Muttergesellschaft SE lasten, unter deren Dach auch die Mehrheit der VW-Stammaktien liegt. Alternativ wählten sie den Weg, nur das Sportwagengeschäft der Porsche AG herauszulösen und bei VW zu integrieren. Der Plan scheiterte an der Steuerlast - bisher.
Klageflut
Die Welle der Klageflut naht aber weiter unvermindert heran. Das Landgericht Braunschweig verhandelt vom 27. Juni an über die ersten zwei von insgesamt fünf Investorenklagen. Dabei geht es zunächst um Schadensersatzforderungen an die Porsche-Dachgesellschaft SE und eine Frankfurter Bank. Eine weitere mündliche Verhandlung dreht sich um eine Klage gegen die Porsche SE. «Bei diesen Terminen wird bereits in der Hauptsache verhandelt», hieß es am Montag aus dem Gericht.
Der Streitwert der beiden Fälle bewegt sich jedoch nur gerade einmal so im Millionenbereich. In zwei zusätzlichen Verfahren vor der zuständigen Zivilkammer beträgt die Klagesumme dagegen zusammen mehr als 2,1 Milliarden Euro - dabei werde aber noch nicht über Zulässigkeit und Begründung möglicher Schadensersatzansprüche gesprochen. Während sich einer dieser Fälle auf die Porsche SE bezieht, ist im zweiten Fall auch die Volkswagen AG betroffen. Ein Termin ist noch unklar.
Auch einen mündlichen Verhandlungstermin zu einer fünften Klage - sie allein beläuft sich auf weitere zwei Milliarden Euro - gibt es laut Braunschweiger Gericht derzeit nicht. Sie war Ende Februar von den Kollegen des Stuttgarter Landgerichts nach Niedersachsen überwiesen worden. Urheber sind hier sieben internationale Investmentfonds.
Die Porsche SE gab sich siegessicher. «Wir halten die erhobenen Klagen für unbegründet», sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. Der Münchner Kapitalmarktrechtler Franz Braun, der 72 einzelne Investorenklagen gebündelt hat, geht dagegen von einem Erfolg aus.
dpa - Bild: Patrick Seeger (dpa)