Grundproblem in Spanien ist, dass die Immobilienblase geplatzt ist, ähnlich wie in den USA vor vier Jahren. Grob zusammengefasst: viel zu viele Privatleute und Betriebe haben in Immobilien investiert und sich dafür schwer verschuldet.
Solange die Preise steigen, ist das in Ordnung. Nur ist mit der Finanzkrise die Nachfrage eingebrochen, die Preise für Immobilien verfielen. Zugleich schlug die Wirtschaftskrise voll zu: viele Menschen verloren ihren Job und damit auch einen großen Teil ihres Einkommens.
Resultat: viele Kreditnehmer können ihr Darlehen nicht mehr tilgen, ihre Raten nicht mehr zahlen. Je mehr Leute sich in einer solchen Situation befinden, desto schlimmer wird das für denjenigen, der die Kredite vergeben hat: die Banken also.
In Spanien gab's also eine, oder besser gesagt, gleich mehrere tickende Zeitbomben. Am Freitag ist eine davon hochgegangen. Die viertgrößte Bank des Landes, Bankia, musste am Freitag eine neue Geldspritze beantragen, und zwar gleich in Höhe von 19 Milliarden Euro. Gestern ist der Wert der Aktien des Geldhauses an den Börsen in den Keller gegangen.
"Problematische" Immobiliendarlehen
Die Zahlen sprechen für sich. Besonders eine: die spanische Nationalbank hat mal untersucht, wie viele Kredite möglicherweise nicht zurückgezahlt werden können, wie viele Immobiliendarlehen "problematisch" sind. Das Ergebnis ist erschreckend: 184 Milliarden Euro. Die Banken sitzen auf wackligen Krediten in Höhe von 184 Milliarden. Da sind die 19 Milliarden, die Bankia beantragt hat, im Grunde nur Peanuts.
Und das Ganze bringt Spanien in einen Teufelskreis: Spaniens Banken haben ein Problem. Das ist schlecht für das Vertrauen. Erstens: spanische Geldhäuser haben es immer schwerer, Geld von den anderen zu leihen. Und zweitens: es wachsen die Zweifel, dass Spanien insgesamt das nötige Geld hat, die Probleme zu lösen. Resultat: auch für Spanien als Land wird es immer schwieriger, sich an den Finanzmärkten frisches Geld zu verschaffen. Das äußert sich durch immer weiter steigende Zinsen.
Gestern haben die Zinsen für spanische Staatsanleihen die Marke von 6,5 Prozent geschrammt. Das ist enorm: Belgien zahlt nicht mal halb so viel, Deutschland gerade einmal 1,4 Prozent, also fünf Punkte weniger. Für Spanien ist das nicht lange tragbar. Und je höher die Zinsen für Spanien, desto schlimmer werden die Probleme für die spanischen Banken. Und so dreht sich die Spirale immer tiefer in den Morast.
"Wir schaffen das alleine!"
Dabei betont Spanien aber, dass man die Probleme alleine lösen will, also keine europäische Hilfe in Anspruch nehmen will. Der spanische Ministerpräsident Rajoy hat daraus quasi eine Frage der Ehre gemacht: Wir schaffen das alleine!, sagte er gestern vor den Fernsehkameras. Angesichts steigender Zinsen darf man sich aber die Frage stellen, wo denn das Geld herkommen soll, das Madrid in seine maroden Banken stecken muss. Anscheinend will die spanische Regierung die Bank unter anderem stützen, indem man ihr spanische Staatsanleihen zur Verfügung stellt. Doch welchen Wert hat eine solche Sicherheit, wenn das Vertrauen an den Märkten weiter schwindet und immer weniger Investoren spanische Staatsobligationen haben wollen.
Hinter vorgehaltener Hand wird also längst darüber gemunkelt, dass Spanien früher oder später doch Hilfe von außen braucht. Und spätestens dann ist Spanien offiziell Mitglied des Clubs, in dem sich bislang Griechenland, Irland und Portugal befinden. Und Spanien ist mal eben die viertgrößte europäische Volkswirtschaft.
"Grexit": der Austritt der Griechen
Was Griechenland angeht, so reißen die Spekulationen über einen möglichen Ausstieg des Landes aus der Eurozone nicht ab. Und das macht die Märkte zusätzlich nervös. In gut drei Wochen wird in Griechenland neu gewählt. Und dann entscheidet es sich: gibt es eine Mehrheit für den Sparkurs, der dem Land aufgebrummt wurde, oder gewinnen die Parteien die Wahl, die von den drakonischen Maßnahmen abrücken wollen. Die EU hat klargemacht: an den Sparmaßnahmen ist nicht zu rütteln.
Also: jenachdem, wer die Wahl gewinnt, könnte das de facto bedeuten, dass Griechenland ausscheidet.
Inzwischen ist es ein offenes Geheimnis, dass sich jeder auf eine solche Eventualität vorbereitet. Jeden Tag liest und hört man von Notfallplänen, an denen gewerkelt wird: Plan B, für den Fall, dass Griechenland ausscheidet. Auch hier gibt's aber einen Teufelskreis: je mehr man über Plan B redet, desto mehr redet man ihn herbei, beschwört man die Katastrophe herauf. Nicht dienlich war, dass IWF-Chefin Christine Lagarde die Griechen noch in einem Zeitungsinterview pauschal beleidigt hat: die Griechen sollten erstmal lernen, ihre Steuern zu zahlen, polterte Lagarde. Es ist die Verallgemeinerung, die man ihr übel genommen hat.
Bild: Pedro Armestre (afp)