Die Folge: Ständiger Aufwertungsdruck auf den Franken, zu Lasten der heimischen Exportwirtschaft.
«Wir müssen auch für den Fall der Fälle vorbereitet sein, dass die Währungsunion zusammenbricht, obwohl ich nicht damit rechne», sagte der neue SNB-Präsident Thomas Jordan der in Zürich erscheinenden «Sonntagszeitung».
«Eine Maßnahme wären Kapitalverkehrskontrollen, also Vorkehrungen, die den Zufluss von Kapital in die Schweiz direkt beeinflussen. Ich kann hier nicht in die Details gehen. Wir identifizieren diese Instrumente für den Fall, dass weitere Maßnahmen nötig wären.»
Jordan gehört zu einer Arbeitsgruppe des Bundes in der Schweiz, die sich hauptsächlich auf Instrumente zur Bekämpfung der Frankenstärke konzentriert, aber auch Strategien für schlimmere Währungsszenarien entwirft.
«Wir gehen nicht davon aus, dass Griechenland aus der Währungsunion austritt», sagte Jordan. «Unser Basis-Szenario rechnet mit einer längeren Phase größerer Schwierigkeiten. Die Situation wird sich erst beruhigen, wenn die Spar- und Reformanstrengungen in der Eurozone wirken. Das kann noch sehr lange gehen. Wir stellen uns also auf sehr unruhige Zeiten ein.»
Ausschließen lasse sich allerdings auch dieser Fall nicht, meinte Jordan. «Unabhängig davon, ob Griechenland in der Eurozone bleibt oder nicht, kann es möglicherweise zu einer Ansteckung anderer Länder kommen und somit die Schuldenkrise weiter eskalieren.»
Gesunder Menschenverstand
Jordan hatte 1993 in seiner Doktorarbeit geschrieben, die Europäische Währungsunion sei ein krisenanfälliges Konstrukt, an dem sich eigentlich nur wenige, wirtschaftlich starke Länder beteiligen könnten. «Meine Dissertation beruht auf ökonomischen Analysen und gesundem Menschenverstand, was mich zu dieser skeptischen Prognose führte», sagte Jordan knapp 20 Jahre später der «Sonntagszeitung».
«Meine Dissertation hatte lange vor deren Gründung auf die Problematik der Ungleichgewichte bei der Verschuldung und den Defiziten innerhalb der Eurozone hingewiesen. Jetzt sehen wir, dass die Eurozone genau aus diesen Gründen nicht wie gewünscht funktioniert hat und es Korrekturen braucht.»
Die Schweiz leidet am Kapitalmarkt seit langem unter ihrer eigenen Attraktivität. Die immer wieder aufflammenden Probleme bei den Euro-Sorgenkindern wie Griechenland oder Spanien lassen Anleger in «sichere Häfen» wie den Schweizer Franken flüchten. Für die Schweizer Wirtschaft, allen voran für die Exporteure, ist die Beliebtheit bei Anlegern eine Belastung: Der starke Franken verteuert die heimischen Waren im Ausland und bremst so den Außenhandel aus.
Die SNB hatte unlängst wiederholt Probleme, den gewünschten Wechselkurs von 1,20 Franken für einen Euro zu verteidigen. Damit das gelingt, müssen die Notenbanker - wenn es hart auf hart kommt - unbegrenzt Euro kaufen, um den Franken zu schwächen.
dpa - Bild: Martin Rütschi (epa)