François Hollande ist zufrieden. Beim Gipfelmarathon in den USA setzte der neue französische Staatspräsident einen vorzeitigen Abzug der Kampftruppen aus Afghanistan durch.
Der Sozialist hält damit nach eigener Ansicht ein zentrales Wahlkampfversprechen. «Es war nicht verhandelbar. Das hat jeder gut verstanden», bilanzierte er selbstbewusst beim Nato-Spitzentreffen in Chicago.
Auch die Formel «französische Haltung» ging ihm bei einer Pressekonferenz, bei der internationale Medien ausgesperrt wurden, leicht über die Lippen. Mit der Betonung heimischer Interessen stellt er sich damit in die Tradition seiner Amtsvorgänger, von General de Gaulle bis hin zu François Mitterrand.
Die Alliierten hielten sich mit Kritik am Gipfel-Novizen aber deutlich zurück. Gipfelgastgeber und US-Präsident Barack Obama war sogar höchst zufrieden, da der streitbare Franzose beim Prestigeprojekt der Raketenabwehr mitzieht und zunächst geäußerte Bedenken zurückstellt. Frankreich wird von den Partnern auch angerechnet, beim Libyen-Einsatz im vergangenen Jahr unter Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy eine führende Rolle übernommen zu haben.
Schlagfertig
Hollande gab sich auf internationalem Parkett gut vorbereitet und schlagfertig. Auf die Frage, ob Kanzlerin Angela Merkel Einwände wegen des Afghanistan-Rückzuges habe, meinte er nur: «Sie hat mir nichts gesagt.» Der neue Hausherr des Elysée-Palastes nutzte seine Auftritte in Amerika schon einmal dazu, Pflöcke in der Eurokrise einzuschlagen. Dabei wurde schnell klar, dass die Chemie mit der Kanzlerin noch nicht stimmt, denn er nahm auch das Berliner Tabuwort «Eurobonds» in den Mund. Von «Merkhollande» kann also noch keine Rede sein.
Muss sich nun Europa auf einen deutsch-französischen Hauskrach beim EU-Sondergipfel an diesem Mittwoch in Brüssel einstellen? Es wird auf jeden Fall eine «offene und freimütige Debatte» geben, wie es im diplomatischen Sprachgebrauch heißt. In einer richtig starken Position ist der neue Staatschef aber nicht: Frankreichs Defizit ist zu hoch und die heimische Wirtschaft kommt nicht richtig in Schwung.
Verbündete
Hollande nutzte zwischen dem G8- und dem Nato-Gipfel emsig seine Zeit, um europäische Verbündete in seinem Kampf für mehr Wachstum (auch ein Wahlkampfversprechen) zu suchen und kennenzulernen. Er sprach mit den Regierungschefs aus Belgien, Portugal oder den Niederlanden. Italiens Premier, der Wirtschaftsexperte Mario Monti, ist ein Verbündeter in der Eurobonds-Debatte. Da das hochverschuldete Griechenland immer näher an den Abgrund rückt und Spanien unter seiner Bankenkrise ächzt, kann Hollande mit Unterstützung rechnen, in Europa vom strikten Sparkurs abzuweichen.
Die europäischen Partner erwarten aber auch, dass sich Berlin und Paris zusammenraufen und in der Krise auf Ränke und Machtspiele verzichten.
dpa - Bild: John Gress (Getty Images)