Neuer Staatschef Serbiens wird Tomislav Nikolic. Völlig überraschend konnte sich der Oppositionsführer am Sonntag bei der Stichwahl ums Präsidentenamt gegen den langjährigen Amtsinhaber Boris Tadic durchsetzten. Noch am Wahlabend räumte Tadic die Niederlage ein und beglückwünschte seinen Nachfolger. "Ein klarer Sieg, die Wahlen waren fair", sagte der Unterlegene.
"Es gibt doch eine göttliche Gerechtigkeit", jubelte dagegen Wahlsieger Nikolic in der Parteizentrale seiner Fortschrittspartei (SNS). In vielen Städten des Landes feierten seinen Anhänger den Sieg bis tief in die Nacht auf den Straßen mit Autokorsos und Feuerwerk.
Wie die staatliche Wahlkommission mitteilte, erreichte der 60-jährige Nikolic 49,8 Prozent der Stimmen. Auf den sechs Jahre jüngeren Tadic entfielen demnach 47,2 Prozent. Basis war die Auszählung von 76 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Die Wahlbeteiligung war außergewöhnlich niedrig. Nur rund 45 Prozent der 6,8 Millionen Wahlberechtigten waren an die Urnen gegangen. Daneben soll es nach inoffiziellen Informationen bis zu 100.000 ungültig gemachte Stimmzettel gegeben haben.
Nikolic bemühte sich noch in der Wahlnacht, Zweifel an seinem politischen Kurs zu zerstreuen. "Serbien wird nicht vom europäischen Weg abweichen", sagte er vor seinen jubelnden Anhängern. "Das ist der Gipfel meiner Karriere und ein Wendepunkt für Serbien". "Sieg, Sieg", skandierten seine Parteigänger.
Wirtschaftskrise verantwortlich für Wahlausgang
Alle Kommentatoren begründeten den völlig unerwarteten Wahlausgang mit der schweren Wirtschaftskrise im Land. Auch der serbische Analytiker Ognjen Pribicevic machte die soziale Misere für Tadics Niederlage verantwortlich: "Eine große Zahl der Bürger hat ein schweres Leben, mit Einkommen von 20.000 oder 25.000 Dinaren (181 bis 227 Euro)."
Das Staatsfernsehen RTS sprach von einem "politischen Erdbeben". Tadic forderte Nikolic auf, die zu erwartete Kohabitation konstruktiv anzugehen. Denn nach allen Ankündigungen wird die DS-Partei von Tadic wie bisher auch die neue Regierung bilden. Bereits am Montag solle damit begonnen werden, kündigten Tadic und seine Koalitionspartner an. Tadic strebt dabei nach eigenen Angaben aber nicht das Amt des Ministerpräsidenten an.
Vor zwei Wochen hatte die SNS von Nikolic die Parlamentswahlen zwar gewonnen, mangels Bündnisgenossen kann sie aber keine Regierung bilden. Die wird wie bisher von der DS und den Sozialisten (SPS) des früheren serbischen Autokraten Slobodan Milosevic gebildet. Die SPS bestätigte in der Wahlnacht noch einmal, sie wolle mit der Tadic-DS die Regierung bilden und nicht ins Nikolic-Lager umschwenken.
dpa/est - Bild: Andrej Isakovic (afp)