Facebook schreibt Geschichte: Das Online-Netzwerk hat am Freitag den weltweit größten Börsengang eines Internet-Unternehmens geschafft. Die Aktie machte gleich mit dem ersten Kurs einen Sprung von 10,5 Prozent auf 42 Dollar. Der Börsenwert des Unternehmens mit seinen 900 Millionen Mitgliedern erreichte damit sagenhafte rund 115 Milliarden Dollar. Gründer Mark Zuckerberg läutete vom Firmengelände in Kalifornien aus die Glocke zum Handelsstart der Technologiebörse Nasdaq - umgeben von jubelnden Mitarbeitern.
Acht Jahre nach der Gründung in einer Studentenbude ist Facebook damit endgültig zu einem Weltkonzern geworden. Schon der Ausgabepreis von 38 Dollar je Aktie ergab rund 104 Milliarden Dollar Börsenwert - die umgerechnet 80 Milliarden Euro sind mehr als die deutschen Traditionsunternehmen BMW, Deutsche Bank und Adidas zusammen kosten.
Einnahmen von 16 Milliarden Dollar
Das Vermögen von Gründer und Chef Zuckerberg schwankt mit jeder Dollar-Marke beim Aktienkurs gleich um 500 Millionen Dollar. Zum ersten Kurs von 42 Dollar war der 28-Jährige am Freitag bereits 21,1 Milliarden Dollar schwer. Insgesamt nahmen das Unternehmen und seine Alteigentümer 16 Milliarden Dollar ein. Zuckerberg hat einen Teil seiner Aktien verkauft, aber nur, um fällige Steuern zu begleichen. Zuckerberg behält mit seinem verbleibenden Anteil die Kontrolle fest in der Hand.
Zuckerberg feierte den Erfolg zusammen mit seinen Mitarbeitern mit einem nächtlichen "Hackathon" - einer Veranstaltung, bei der bis in die Morgenstunden unter Einfluss von viel Koffein und lauter Musik Software geschrieben wird. Der Höhepunkt kam am frühen Freitagmorgen kalifornischer Zeit: Umgeben von Hunderten jubelnden Mitarbeitern startete Zuckerberg von Menlo Park aus den Nasdaq-Handel im fernen New York.
Probleme bei erster Kursnennung
Die Nasdaq hatte lange Probleme, einen ersten Kurs für Facebook zu nennen. Der ursprünglich für 17:00 Uhr europäischer Zeit angekündigte Handelsbeginn verzögerte sich schließlich um ein halbe Stunde. Die Aktie der selbst börsengelisteten Nasdaq fiel angesichts der Panne. Nach den ersten Minuten pendelte sich der Facebook-Kurs bei etwa 40 Dollar ein.
Mit den ersten Kursen blieb ein drastischer Kurssprung, den einige Beobachter erwartet hatten, zunächst aus. Die Nachfrage der Investoren war in den vergangenen Wochen derart stark, dass Facebook seinen Börsengang mehrfach ausweitete. Deswegen war zum Teil damit gerechnet worden, dass private Anleger, die bei der Aktienplatzierung kaum zum Zuge gekommen waren, im Handel entsprechend beherzt zugreifen.
Zuckerberg verzichtete darauf, die Nasdaq-Glocke direkt auf dem Börsenparkett zu läuten. Es ist ungewöhnlich, dass ein Firmenchef den symbolischen Termin auf dem Börsenparkett schwänzt. Allerdings ist Facebook auch kein gewöhnliches Unternehmen.
Das macht ein Vergleich mit dem Suchmaschinenprimus Google deutlich, dem bisherigen Rekordhalter bei den Internet-Börsengängen. Damals, im Jahr 2004, wechselten Aktien für 1,7 Milliarden Dollar den Besitzer, und Google kam auf eine Gesamtbewertung von 23 Milliarden Dollar. Heute sind es gut 200 Milliarden Dollar.
Höhepunkt einer Erfolgsgeschichte
Der Börsengang des Sozialen Netzwerks ist der Höhepunkt einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Zuckerberg hatte Facebook zusammen mit Kommilitonen 2004 als digitales Jahrgangsbuch für Studenten auf die Beine gestellt. Schon im ersten Jahr zog das Netzwerk rund eine Million Nutzer an. Noch in diesem Jahr soll die Milliardenmarke geknackt werden.
Die hohe Nutzerzahl macht Facebook für die Werbeindustrie interessant und erklärt die hohe Nachfrage der Investoren. Facebook ist allerdings eine Wette auf die Zukunft, denn noch sehen die Geschäftszahlen im Vergleich zu anderen Konzernen mau aus: Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei vergleichsweise schmalen 3,7 Milliarden Dollar und der Gewinn bei 1 Milliarde Dollar.
Zuletzt waren Zweifel aufgekommen, ob die Mega-Milliarden-Wette aufgeht. So will General Motors als einer der weltgrößten Werbetreibenden vorerst keine Anzeigen mehr auf Facebook schalten, weil man die Nutzer damit kaum erreiche. Überdies nutzen immer mehr Menschen Facebook auf ihren Smartphones, wo kaum Werbung zu sehen ist und entsprechend die Einnahmen ausbleiben.
Anschluss an größte Börsengänge der US-Geschichte
Die Zweifel hielten die Investoren letztlich aber nicht davon ab, zuzugreifen. Zusammen mit der sogenannten Mehrzuteilungsoption - eine Art Aktienreserve der Banken - könnte Facebook bis zu 18,4 Milliarden Dollar einsammeln.
Damit würde das Zuckerberg-Unternehmen an die beiden größten Börsengänge der US-Geschichte anschließen: Die Kreditkartenfirma Visa hatte 2008 inklusive Mehrzuteilung 19,7 Milliarden Dollar eingenommen und der Autokonzern General Motors im Jahr 2010 nach seinem Neustart 18,1 Milliarden Dollar. Weltweit waren lediglich die Börsengänge dreier chinesischer Finanzkonzerne noch größer.
Zuckerberg selbst hat 30 Millionen seiner Anteilsscheine verkauft und damit gut 1,1 Milliarden Dollar eingenommen. Er besitzt aber noch einen Anteil im Gegenwert von mehr als 19 Milliarden Dollar. Auf der Liste der reichsten Menschen der Welt des Finanzdienstes Bloomberg hat sich der 28-Jährige auf Platz 29 vorgeschoben - und liegt damit noch knapp vor den beiden Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin.
dpa/sh - Bild: Spencer Platt/Getty Images (afp)