Mehr Hilfe zur Selbsthilfe: Vor dem G8-Gipfel bringt US-Präsident Barack Obama eine Initiative auf den Weg, Afrika dauerhaft von der Geißel Hunger zu befreien. In Washington empfängt Obama am Freitag Spitzenpolitiker aus Benin, Tansania, Ghana und Äthiopien, um zu beraten, wie sich der Kontinent dauerhaft selbst ernähren kann. Auch die internationalen Lebensmittelkonzerne sollen die Pläne unterstützen.
Hilfsorganisationen beklagen hingegen vor dem zweitägigen Treffen auf dem Präsidenten-Landsitz Camp David bei Washington, dass die G8-Staaten alte Versprechen noch lange nicht erfüllt haben. Nach ihren Berechnungen steht noch der überwiegende Teil einer G8-Zusage für eine bessere Versorgungssicherheit von 2009 in Höhe von 22 Milliarden aus.
Hilfsorganisationen appellieren an G8-Staaten
Im Kampf gegen Hunger und Armut in der Welt appellierten Hilfsorganisationen an die G8-Staaten, ihre Versprechen einzuhalten. Die Regierungen dürften sich nicht aus der Verantwortung stehlen, sagte Marwin Meier, Gesundheitsexperte der Entwicklungsorganisation World Vision, der Nachrichtenagentur dpa. "Wir fordern einen ganz klaren Auszahlungsplan für die versprochenen Hilfen."
Die Staats- und Regierungschefs der führenden Industriestaaten (G8), unter ihnen auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, kommen am Freitagabend (Ortszeit) zunächst zu einem Essen zusammen. Zur Gruppe der Acht gehören die USA, Kanada, Japan, Russland, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien. Auch die Spitze der Europäischen Union sitzt traditionell am Verhandlungstisch.
In Chicago, wo die US-Regierung ein Großaufgebot an Sicherheitskräften mobilisiert hat, rüsten sich Tausende zu Protesten gegen die G8, aber auch gegen die Nato. Gastgeber Obama hat die Allianz zum größten Gipfel ihrer Geschichte in seine Heimatstadt eingeladen. Er wird am Sonntag und Montag fünf Dutzend Staats- und Regierungschefs sowie die Repräsentanten wichtiger globaler Organisationen begrüßen. Hauptthema ist der Abzug der Isaf- Kampftruppen aus Afghanistan Ende 2014.
Wenn die Staats- und Regierungschefs am Abend (Ortszeit) in der Abgeschiedenheit von Camp David aufeinander treffen, wird es zunächst um die weltpolitische Lage gehen. Die vorrangigen Themen sind das Blutvergießen in Syrien, die gefährlichen Atomprogramme des Irans und Nordkoreas sowie die Menschenrechtslage in Myanmar, dem früheren Birma.
Kaum durchschlagende Entscheidungen
Es dürfte aber kaum durchschlagende Entscheidungen geben, da der russische Präsident Wladimir Putin die Einladung Obamas ausgeschlagen hatte. Stattdessen sitzt Dmitri Medwedew am Tisch, der aus dem Amt des Präsident in das des russischen Regierungschefs gewechselt ist.
Russland bremst ein energisches Vorgehen gegen das Regime in Syrien und setzt weiter auf einen Erfolg der offensichtlich gescheiterten Waffenruhe zwischen Führung und Opposition.
Kontroverse Debatten in der G8-Runde sind am Samstag zu erwarten. Vor allem die USA sehen ihren zarten Wirtschaftsaufschwung durch die Euro-Schuldenkrise bedroht. Das politishe Chaos in Griechenland bedrohtd den Zusammenhalt der Euro-Zone. Spanien mus derzeit an den Finanzmärkten ernorm hohe Zinsen bezahlen.
Obama steht mitten im Wahlkampf um eine zweite Amtszeit und muss seine Landsleute von der wirtschaftlichen Gesundung des Landes überzeugen. Aus den Delegationen verlautete, dass der US-Präsident angeblich in der G8 anregen will, staatliche Ölreserven auf die Märkte zu pumpen, um auch in den USA die vergleichsweise hohen Benzinpreise zu drücken. Da dürfte Widerstand von europäischen Kollegen geben.
In deren Reihen ist erstmals Frankreichs neuer Präsident François Hollande. Er ist - wie Obama - ein Freund von Programmen, die die Konjunktur anzukurbeln, und setzte im Wahlkampf einen Kontrapunkt gegen die Bundeskanzlerin, die ein Gesunden Europas nur durch eine konsequente Sanierung der Staatsfinanzen für möglich hält.
dpa/sh - Archivbild: Brendan Smialowski (afp)