Grundsätzlich gilt: eine Terroristenbombe, die nicht explodiert, ist eine gute Bombe. Höchst bedenklich aber, dass Al-Kaida über Sprengstoff verfügt, der von Metalldetektoren nicht entdeckt wird. Daher ein Dankeschön an den Agenten, der den Islamisten zumindest diesen einen Sprengsatz weggenommen und eine Terrorzelle hat auffliegen lassen. Die US-Armee hat dank der Informationen des Doppelagenten nach eigenen Angaben dessen Ausbildungslager zerstört.
Darüber hinaus halten sich die USA sehr bedeckt mit Informationen. Es bleibt im Dunkeln, wer der Doppelagent ist. Nicht einmal seine Nationalität ist bekannt. Er sei jedenfalls nicht vom US-Geheimdienst CIA angeworben worden, heißt es. Aber die Aktion zeigt, der US-Krieg gegen den Terror ist nicht zu Ende und wird in bester James-Bond-Manier verdeckt mit allen Tricks fortgeführt. Womöglich haben sich die Geheimdienste auf die Erfahrungen aus dem Kalten Krieg zurückbesonnen.
Klassisches Spionagegeschäft vernachlässigt
Unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde die Kritik laut, die US-Geheimdienste hätten ihr Handwerk verlernt, hätten sich zu sehr auf elektronische Überwachung und technische Spielereien verlassen. Dabei sei das klassische Spionagegeschäft vernachlässigt worden: Die Pflege von Kontakten zu Mittelsmännern in die Unterwelt, das Täuschen und gegenseitige Ausspielen der Gegner durch den Einsatz von Agenten vor Ort.
Jetzt wissen wir: die Spione, Doppelagenten und echten James Bonds gibt es noch und liefern brauchbare Resultate. Das ist gut für das Image der Geheimdienste und für das Image der Anti-Terror-Politik.
Hoffen wir, dass nicht der Werbeeffekt die eigentliche Absicht der Geheimdienste war. Nach dem, was wir bisher wissen, hatte sich der Doppelagent selbst als Attentäter angeboten. Heißt das, dass es den Anschlag ohne seine Mithilfe sowieso nie gegeben hätte? Zündete er selbst erst die Lunte an, um sie hinterher zu löschen und als Held gefeiert zu werden? Wie schlagkräftig ist Al-Kaida, wenn sie ausgerechnet auf den Doppelagenten angewiesen war, um den Anschlag zu planen? Hat Al-Kaida vielleicht zwar viele Anhänger, aber niemanden, der intellektuell in der Lage ist, einen Anschlag durchzuführen und gleichzeitig in ein Profil fällt, das bei den Sicherheitsdiensten nicht sofort Alarm schlägt?
Wenn die Wahl von den angeblich hunderten oder gar tausenden existierenden Al-Kaida-Schläfern ausgerechnet auf den ins Nest gelegten Doppelagenten fällt, kann es eigentlich nicht besonders gut um die Aktionsfähigkeit des Terrornetzwerks bestellt sein. Auch das wäre eine gute Nachricht. Aber eine, die uns die "Kampf gegen den Terror"-Willigen so nicht kommuniziert würden. Denn dann wäre der Kampf ja so gut wie vorbei.
Das Beispiel verdeutlicht noch einmal das Dilemma des Einsatzes von verdeckten Ermittlern und V-Männern. Am Ende weiß man nicht mehr, wer den Brand eigentlich gelegt hat, ob der Feuerwehrmann nicht auch Brandstifter war. In Deutschland ist an diesem Dilemma schon das Verbot der rechtsextremen NPD gescheitert.