Begleitet von Explosionen und Kämpfen in mehreren Provinzen haben die regimetreuen Syrer am Montag ein neues Parlament gewählt. Die Anhänger der Opposition boykottierten die Wahl. In einigen Gebieten in Daraa und in kurdischen Siedlungsgebieten folgten Angehörige der Protestbewegung einem Aufruf zu einem Generalstreik.
Insgesamt war der Andrang vor den Wahllokalen nach Angaben von Beobachtern gering. In einigen Bezirken der Hauptstadt Damaskus kamen jedoch ungefähr so viele Wähler zu den Urnen wie bei früheren Wahlen. Das Innenministerium stellte eine "beachtliche Wahlbeteiligung" fest. Das Informationsministerium sprach schon am Mittag von einem "außergewöhnlichen Tag".
Die Parlamentswahl hätte laut Verfassung bereits im vergangenen Jahr stattfinden sollen. Sie war wegen des bis heute andauernden Aufstandes gegen Präsident Baschar al-Assad jedoch verschoben worden.
Aktivisten: 15 Tote
Nach Angaben von Aktivisten töteten die Regierungstruppen in den Provinzen Hassaka, Deir as-Saur, Homs und Damaskus-Land bis zum Mittag 15 Menschen, darunter ein Kind und fünf Deserteure. Aus Daraa, Hama, Latakia und Damaskus-Land wurden Explosionen gemeldet. In einigen Städten und Dörfern demonstrierten Oppositionelle gegen die Wahl. Der Regimekritiker Fais Sara, dessen zwei erwachsene Söhne am vergangenen Donnerstag in Damaskus verhaftet worden waren, fragte im Nachrichtensender Al-Arabija: "Wie kann man nur in einer solchen Situation Wahlen abhalten?" Über das Schicksal und den Aufenthaltsort seiner Söhne habe er bislang nichts in Erfahrung bringen können.
Die Wahllokale sollten bis 22.00 Uhr Ortszeit (21.00 Uhr MESZ) geöffnet bleiben. Um die 250 Abgeordnetenmandate bewerben sich nach offiziellen Angaben 7195 Kandidaten. Das Wahlergebnis wird frühestens am Dienstagabend erwartet. Als Teil seines von Russland hochgelobten Reformpaketes hatte Assad im vergangenen Jahr ein Parteiengesetz beschließen lassen, das die Zulassung neuer Parteien erlaubt. Zudem wurde die bislang in der Verfassung verankerte Vormachtstellung der Baath-Partei abgeschafft. Mit dieser Partei war einst sein Vater, Präsident Hafis al-Assad, an die Macht gekommen.
Die meisten bekannten syrischen Oppositionspolitiker sitzen heute entweder im Gefängnis oder sind im Exil. Seit Beginn der Protestwelle gegen Assad sollen etwa 10.000 Menschen getötet worden sein. Auch die Entsendung von UN-Beobachtern hat die Gewalt bisher nicht beendet.
dpa/mh - Bild: Louai Beshara (afp)