EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und die anderen 26 Mitglieder der EU-Kommission werden nicht zu Spielen der Fußball-Europameisterschaft in die Ukraine reisen. Sie protestieren damit gegen die Behandlung der Oppositionsführerin Julia Timoschenko, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel. Es handele sich "nicht um einen Boykott, sondern um ein Signal, dass man nicht zufrieden ist mit der Art und Weise, wie mit Julia Timoschenko umgegangen wird".
Barroso habe im Kreis der EU-Kommissare erläutert, warum er nicht in die Ukraine reisen werde. In der Aussprache sei "deutlich geworden, dass dies eine Position ist, die alle angesichts der Behandlung von Frau Timoschenko teilen". In der Kommission sei unstrittig gewesen, "dass es nicht angemessen ist, sich ein Spiel in der Ukraine anzuschauen, solange diese Bedenken bestehen".
Schon Anfang der Woche hatten EU-Justizkommissarin Viviane Reding und Barroso mitgeteilt, dass sie nicht in die Ukraine reisen werden. Mit der ausdrücklichen Billigung dieser Entscheidungen durch das gesamte Kommissions-Kollegium seien diese Mitteilungen noch schwergewichtiger geworden, sagte ein EU-Diplomat.
Erst nach längerem Zögern hatten die EU und die Ukraine am 30. März den Text eines neuen Abkommens über ein tiefgehendes Assoziierungsabkommen mit der Ukraine paraphiert, jedoch noch nicht unterzeichnet. Die EU hatte Diplomaten zufolge gehofft, mit dem für die Ukraine sehr attraktiven Abkommen den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch an der Verfolgung der demokratischen Opposition hindern zu können. Sie hatte Janukowitsch auch die von der Ukraine besonders nachdrücklich verlangten Reiseerleichterungen in die EU in Aussicht gestellt, sofern die inneren Zustände im Land dies erlaubten.
Nach dem Gerichtsverfahren gegen Timoschenko und den Berichten über Misshandlungen im Gefängnis ist völlig unklar, wann das Assoziierungsabkommen unterschrieben wird. Das Europaparlament hat klargemacht, dass es zur Ratifizierung nur bereit ist, wenn die Opposition nicht mehr unterdrückt und kriminalisiert wird.
dpa/wb - Archivbild: Georges Gobet (afp)