Über Drogen kann man sicherlich geteilter Meinung sein. Eines ist klar: Übermäßiger Konsum schadet. Gesundheit und Psyche leiden. Finanzielle Probleme, berufliche und soziale Abstürze, zerstörte Familien und Beziehungen.
Die Folgen gelten für alle Drogen. Je nach Art sind die Konsequenzen mehr oder weniger stark, die Problemgewichtung ist unterschiedlich. Und das gilt nicht nur für Heroin, Kokain, und die ganze Palette an neuen synthetischen Drogen, sondern auch für Alkohol und Zigaretten. Nicht zu vergessen: die nicht stofflichen Drogen, sprich Glücksspiel, Sex und Internet.
Die Liste ist unendlich lang und wird jährlich erweitert. Der Mensch war, ist und wird anfällig für Drogen jeder Art bleiben. Das muss jede Gesellschaft aushalten. Einfach hinnehmen muss sie es aber auch nicht. Medizinische und therapeutische Hilfe für Suchtkranke soll oberstes Gebot bleiben.
Rückgang der Kriminalisierung
Die Kriminalisierung der Drogenkonsumenten hingegen lässt nach. In nahezu der gesamten Gesellschaft scheint man sich zunehmend einig, dass ein Gefängnis für einen Drogenentzug nicht der günstigste Aufenthaltsort ist. Bei der Vorbeugung, im Fachjargon Prävention, scheiden sich hingegen die Geister. Was wurde nicht alles versucht, um vor allem Heranwachsende vor Drogen zu schützen. Genützt hat es bisher wenig. Sei's drum. Unser Nachbar die Niederlande, europäischer Vorreiter in Sachen Liberalität, stand bislang für eine moderne ideologiefreie und pragmatische Drogenpolitik. Anerkanntes Symbol: der Coffeeshop. Ein Ort an dem es möglich ist, Cannabis zu erwerben und zu konsumieren. Und das alles ganz legal. Auch für Ausländer.
Ganz nebenbei hatte das System Coffeeshop auch noch andere Vorteile: Über den Verkauf generiert der Staat Steuereinnahmen, die Qualität der Ware ist kontrolliert, und das vielleicht wichtigste Argument: Cannabiskonsumenten sind nicht auf illegale Drogendealer angewiesen, die ihnen vielleicht noch ganz andere Sachen andrehen oder unterjubeln könnten. In punkto Volksgesundheit nicht unerheblich. Auch die Beschränkung auf fünf Gramm pro Kunde war sinnvoll. Und das alles hat die niederländische Regierung mit der Einführung des Wietpasses über Bord geworfen.
Eindämmung der illegalen Drogengeschäfte
Hauptargument: Man wolle die illegalen Drogengeschäfte rund um die Coffeeshops herum eindämmen. Und das ist mit Verlaub Unsinn, oder zumindest scheinheilig. Vielleicht ist der Wietpass aber auch im Interesse derer, die von der Einführung eines strengeren Gesetzes profitieren: beispielsweise die illegale Drogenmafia. Ein Gesetz, das ihr so eindeutig zuspielt, als hätte sie es selbst verfasst und der Regierung in die Klassenhefte diktiert.
Übertrieben? Vielleicht, aber mal so gesehen: Was den Großbanken, den Waffenherstellern und auch der Lebensmittelindustrie billig ist, das kann einer Drogenmafia doch nur recht sein: durch gezielte Lobbyarbeit die politische Landschaft und die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den eigenen wirtschaftlichen Profit beeinflussen. Ein Blick nach Brüssel oder Washington genügt. En wat nu? Tourismus, Einzelhandel, Konsumenten und der niederländische Staat. Sie alle verlieren. Der lächelnde Sieger ist der, der außerhalb des Gesetzes steht. Das war schon immer so. Stichwort Al Capone und die amerikanische Alkoholprohibition in den 20er Jahren.
Zweites Argument: nächtliche Ruhestörung und Anwohnerbelästigung durch Kiffer auf Shoppingtour. Eine sehr subjektive Wahrnehmung: Ein abendlicher Stadtrundgang am Altweiberdonnerstag durch eine der zahlreichen Karnevalshochburgen veranschaulicht die Folgen übermäßigen Drogenkonsums auf frappierende Weise. Absolut nichts gegen den Karneval. Der Vergleich kann jedoch verdeutlichen, wie willkürlich eine Gesellschaft den Begriff der Toleranz besetzen kann.
Man stelle sich doch mal ganz kurz die Auswirkungen folgender Nachrichtenmeldung vor: Der Münchener Oberbürgermeister hat beschlossen, für das kommende Oktoberfest einen sogenannten Wiesnpass einzuführen. Beantragen können ihn lediglich eine begrenzte Anzahl Einwohner des Freistaats Bayern. Nach Vorlage des Wiesnpasses haben die Auserwählten dann Anrecht auf exakt fünf Mass Bier. Mehr nicht. Ausländern bleibt der Zutritt zum Oktoberfest verwehrt. Man muss sich den Sturm der medialen und öffentlichen Entrüstung nicht ausmalen, um zu begreifen, dass ein Wiesnpass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht kommt. Und falls doch, dann werden Münchens Straßen gesäumt sein von illegalen Gerstensafthändlern die durstigen Touristen ihre Mass Bier verkaufen wollen.
Scheinheiligkeit, Realitätsverlust und Willkür, das kann man der niederländischen Regierung zumindest vorwerfen. Mal ganz abgesehen von der Frage, ob der Wietpass ausländische Kunden diskriminiere. Mit diesem Argument hatten 19 Coffeeshop-Besitzer in Den Haag gegen den Pass geklagt. Am Freitagmittag wurde die Klage abgewiesen.
Archivbild: epa
Guten Abend,
wenn ein Kommentar völlig daneben lag, dann war es der mit dem Vergleich von Drogenpolitik und Münchener Oktoberfest. Wie kann man sich ernsthaft so äußern.
Wir haben grenznah zu den Niederlanden eine völlig andere Situation und völlig andere in soziale übergehende Probleme. Ob die politische Entscheidung der Niederlande richtig oder falsch ist, das ist zu hinterfragen, völlig absurd sind aber vergleiche mit dem Oktoberfest und einer Diskriminierung von Ausländern. Würden Sie auch so kommentieren, wenn Belgien das niederländische Problem direkt hätte?
Gruss Kurt Heinen