Der einseitige Stopp von Gaslieferungen aus Ägypten hat in Israel die Sorge um das Friedensabkommen mit dem arabischen Nachbarland verstärkt. Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman sagte am Montag, die Wahrung der Friedensvereinbarungen von 1979 sei im "nationalen Interesse" beider Länder. "Die einseitige Aufkündigung des Gasabkommens ist kein gutes Zeichen", sagte Lieberman dem israelischen Rundfunk. "Wir hoffen, dass dieser Streit wie jeder andere wirtschaftliche Streit gelöst werden wird."
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betonte, man sehe den Lieferungsstopp nicht als Ergebnis politischer Entwicklungen, sondern als "wirtschaftlichen Streit" zwischen zwei Firmen. Israel verfüge über natürliche Gasvorkommen und sei daher nicht vom Import abhängig.
Ägyptische Minister für Internationale Zusammenarbeit kompromissbereit
Der ägyptische Minister für Internationale Zusammenarbeit, Faiza Abul Naga, zeigte sich kompromissbereit. Eine Fortsetzung der Lieferungen sei beim Abschluss eines neuen Vertrags möglich, der andere Modalitäten und einen höheren Preis beinhalte. Der Gegenseite sei fünfmal mitgeteilt worden, dass sie ihre finanziellen Verpflichtungen nicht erfülle. Die letzte Möglichkeit für eine Zahlung sei der 31. März gewesen, erklärte Abul Naga nach Angaben staatlicher ägyptischer Medien.
Nach Angaben des israelischen Energieministeriums lieferte Ägypten 2010 etwa 40 Prozent des in Israel verbrauchten Gases. Erdgas wird in Israel überwiegend zur Stromerzeugung verwendet. Der Vorsitzende der Israelischen Elektrizitätswerke, Jiftach Ron-Tal, rechnet daher nach dem Lieferstopp kurzfristig mit einem weiteren Anstieg der bereits hohen Strompreise. Vor allem im Sommer sei eine ernsthafte Stromknappheit zu erwarten, sagte er dem israelischen Rundfunk.
Einstellung wegen Anschläge auf die Pipeline
Ägyptens nationale Gasgesellschaft hatte am Sonntag mitgeteilt, dass sie die Lieferungen an Israel einstelle. Der Vertrag mit der East Mediterranean Gas Company (EMG) sei beendet worden, weil vertragliche Vereinbarungen nicht eingehalten worden seien. Aus dem ägyptischen Ölministerium verlautete indes, die Lieferungen seien auch wegen der häufigen Anschläge auf die Pipeline auf der Sinai-Halbinsel eingestellt worden.
Seit dem Sturz des früheren ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak im Februar 2011 hat es insgesamt 14 Anschläge von Saboteuren auf die Pipeline gegeben. Darin wird Gas nach Israel und Jordanien transportiert.
Der Export durch EMG - ein israelisch-ägyptisches Gemeinschaftsunternehmen, an dem Mubaraks Freund Hussein Salem beteiligt ist - hatte 2008 begonnen. Israel und Ägypten hatten ein für 15 Jahre gültiges Abkommen über die Gaslieferungen geschlossen. Seit Mubaraks Sturz haben sich die ohnehin unterkühlten Beziehungen zwischen beiden Ländern noch deutlich verschlechtert. Im September stürmte eine wütende Menge die israelische Botschaft in Kairo. Viele Ägypter waren gegen die Gaslieferungen an Israel, weil dieses arabische Gebiete besetzt hält.
Grund zur Sorge
Der frühere Botschafter in Ägypten, Zvi Masel, sagte am Montag, Israel habe klaren Grund zur Sorge. Die Gaslieferungen seien das "zentrale Bindeglied" im Frieden zwischen beiden Ländern gewesen. "Der Hass auf Israel wächst immer weiter", sagte er dem israelischen Rundfunk. Die radikalislamischen Salafisten und Muslimbrüder heizten diesen weiter an, um von internen Problemen in Ägypten abzulenken.
Die Aktien der israelisch-US-amerikanischen Firma Ampal, die 12,5 Prozent von EMG besitzt, stürzten am Montag an der israelischen Börse um 25 Prozent. Ampal-Finanzchefin Irit Eluz sagte der israelischen Wirtschaftszeitung "Globes", man habe wegen der häufigen Unterbrechungen der Gaslieferungen aufgrund der Anschläge bereits juristische Schritte gegen Ägypten eingeleitet. Der Stopp der Gaslieferungen sei offenbar eine "taktische Maßnahme" Ägyptens als Reaktion darauf.
dpa/jp