Das krisengeschüttelte Spanien ist im vergangenen Jahr auf den dritten Platz der größten Haushaltssünder im Euro-Raum aufgerückt. Der Fehlbetrag im Staatshaushalt Spaniens belief sich 2011 auf 8,5 der Wirtschaftsleistung, teilte die Statistikbehörde Eurostat am Montag in Luxemburg mit.
Das Haushaltsloch war zwar kleiner als im Vorjahr mit 9,3 Prozent, doch deutlich größer als angestrebt. Spanien überholte damit Nachbarland Portugal, das Geld aus dem Euro-Krisenfonds erhält und strikt sparen muss. Die wirtschaftlichen Aussichten für das Euro-Krisenland sehen düster aus, die spanische Wirtschaft stürzte zu Jahresbeginn in die Rezession. Das Sparen wird für die Regierung deshalb noch schwerer.
Im Euroland weisen nur Irland (13,1 Prozent) und Griechenland (9,1 Prozent) noch höhere Fehlbeträge im Staatshaushalt auf. Beide Länder wurden bereits mit milliardenschweren Hilfsprogrammen vor der Staatspleite bewahrt. Erlaubt sind höchstens drei Prozent.
Zahlen aus Madrid bestätigt
Die Statistiker bestätigten damit Angaben der Regierung in Madrid, die in der Europäischen Union Zweifel ausgelöst hatten. So gab es Vermutungen, die Regierung habe das Minus extra hoch angesetzt, damit die Zahlen aus dem laufenden Jahr besser aussehen. Ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte in Brüssel auf die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Zahlen: "Es gibt keinen Anlass für Zweifel daran." Eurostat habe die zuletzt gemeldeten Zahlen bestätigt. Brüssel vertraue auf die Zuverlässigkeit des spanischen Statistikamtes und gehe davon aus, dass die spanische Regierung für Klarheit sorge.
Zudem erinnerte der Sprecher daran, dass Madrid mit der EU-Kommission vereinbart habe, in diesem Jahr ein Ziel von 5,3 Prozent zu erreichen. Dafür soll ein drastisches Sparprogramm sorgen. Für 2013 will Spanien dann den zulässigen Höchstwert von drei Prozent einhalten. Spanien gilt als Sorgenkind der Euro-Zone und leidet unter Spekulationen, doch noch internationale Hilfen zu benötigen. Für Irritationen hatte Premier Mariano Rajoy im März gesorgt, als er auf eigene Faust das Ziel für das Haushaltsdefizit im Jahr 2012 von 4,4 Prozent auf 5,8 Prozent angehoben hatte.
Beim Spitzenreiter Irland haben die Statistiker Zweifel an den gemeldeten Zahlen. Eurostat äußerte einen Vorbehalt, da die Umstrukturierung der Banken Allied Irish Banks und Irish Life & Permanent bisher nicht abgeschlossen seien. Die Verbuchung und die Auswirkungen dieser Aktionen auf das Defizit seien noch unklar.
Griechenlands Finanzlage hat sich im vergangenen Jahr etwas gebessert, zeigt aber weiter tiefrote Zahlen. Der Fehlbetrag im Staatshaushalt belief sich 2011 auf 9,1 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) - das war etwas weniger als die 10,3 Prozent im Vorjahr. Griechenland wird seit zwei Jahren mit milliardenschweren Hilfspakten gerettet.
Defizit sinkt, Schuldenberg wächst
Insgesamt hat der krisengeplagte Euroraum sein öffentliches Haushaltsdefizit im vergangenen Jahr verringert. Im Jahresvergleich sank das Defizit von 6,2 auf 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die niedrigsten Defizitquoten meldeten Finnland (-0,5 Prozent), Luxemburg (-0,6) und Deutschland (-1,0), wobei Ungarn (+4,3), Estland (+1,0) und Schweden (+0,3) sogar einen Überschuss erzielten. In Belgien liegt das Haushaltsdefizit bei 3,7 Prozent des Bruttinlandsprodukts.
Der gesamte Schuldenstand stieg jedoch weiter an und legte von 85,3 Prozent auf 87,2 Prozent zu. Hier stehen Estland (6,0 Prozent) und Luxemburg (18,2) am besten da. Am ungünstigsten ist die Schuldenlage in Griechenland (165,3 Prozent), Italien (120,1) und Irland (108,2). Hinter Portugal (107,8) belegt Belgien Rang fünf (98). Auch Frankreich (85,8), Großbritannien (85,7) und Deutschland (81,2) verstoßen gegen den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt, der besagt, dass der Schuldenstand höchstens 60 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen darf.
dpa/mh