Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete, in Banias sei bei einer nächtlichen Attacke auf eine Patrouille ein Angehöriger der Sicherheitskräfte getötet worden. Drei weitere Mitglieder seiner Einheit seien verletzt worden. In Duma, einem Vorort von Damaskus, sollen zwei Menschen getötet worden sein. Auch in dem Vorort Hatita habe es einen Toten gegeben.
Ein Vorauskommando von Beobachtern, das den vom UN-Sondervermittler Kofi Annan ausgehandelten Waffenstillstand überwachen soll, setzte am Sonntag seinen Besuch in der Rebellenhochburg Homs fort. Das berichtete der Nachrichtensender Al-Arabija. Aktivisten in Homs hatten die UN-Beobachter am Samstag gebeten, in der Stadt zu bleiben. "Wenn ihr hier seid, dann gibt es keinen Beschuss, und das ist schließlich, was wir wollen", sagte einer von ihnen. Eine Videoaufnahme der Unterhaltung wurde am Sonntag im Internet veröffentlicht.
300 UN-Beobachter nach Syrien
Eine 300 Mann starke UN-Beobachtertruppe soll nach Monaten der Gewalt und tausenden Toten den vereinbarten Waffenstillstand in Syrien überwachen. Die am Samstag vom UN-Sicherheitsrat in New York einstimmig beschlossene Resolution hat auch eine politische Komponente. Sie betont, dass es in Syrien zu einem Wandel zu einem demokratischen Mehrparteiensystem kommen muss mit gleichen Rechten für alle Bürger, unabhängig von Herkunft, Ethnie, Religion oder politischer Ausrichtung.
Eine erste UN-Mission für Syrien hatte der Sicherheitsrat genau eine Woche zuvor beschlossen. Dabei handelte es sich um ein Vorauskommando, das die jetzige Beobachtermission vorbereiten sollte. Mitglieder dieses Vorauskommandos durften am Samstag erstmals die Unruheprovinz Homs besuchen, zu der ihnen bisher der Zutritt verweigert worden war. Dies wie auch die Freilassung von 30 inhaftierten Oppositionellen werteten Beobachter als kleinere Zugeständnisse des Regimes von Präsident Baschar al-Assad.
Regimegegner berichteten, dass in Homs "zum ersten Mal seit sehr langer Zeit völlige Ruhe herrschte". Seit dem Morgen sei kein einziger Schuss gefallen und kein Artillerieangriff registriert worden, meldete die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter. Dagegen wurden Militäreinsätze aus der Provinz Daraa gemeldet. In der Umgebung von Aleppo seien neun Rebellen von der Armee getötet worden.
UN-Generalsekretär muss Waffenstillstand erst als stabil erklären
Der am Samstag vom UN-Sicherheitsrat einstimmig beschlossene Marschbefehl für die 300 Beobachter steht noch unter einem Vorbehalt: Die Männer und Frauen fliegen erst los, wenn UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Waffenruhe als hinreichend stabil bewertet.
Der britische Außenminister William Hague erklärte: "Ich mache mir aber weiter Sorgen darum, dass das syrische Regime seine Versprechen nicht erfüllt". Damaskus müsse sofort das Militär aus den Städten abziehen und den Gebrauch schwerer Waffen stoppen. Auch müsse es sicherstellen, dass die UN-Beobachter frei und sicher arbeiten könnten. "Sonst werden wir uns für weitere Sanktionen einsetzen", erklärte Hague.
Offiziell gilt Russland als Einbringer der Resolution 2043, in den wichtigsten Punkten hat sich der Westen aber gegen Moskau und seinen Verbündeten Syrien durchgesetzt: Die Beobachter werden sich frei bewegen können. Unklar ist aber noch wie: Syrien besteht darauf, die Beobachter mit seinen Hubschraubern im Land herumzufliegen - was eine spontane Überwachung vieler Gebiete unmöglich machen würde. In der Resolution wurde diese Frage zunächst offengelassen.
Übergang in demokratisches, pluralistisches System möglich
"Wir erhoffen uns eine stabilisierende Wirkung von dieser Mission", sagte Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin. Nun sei ein Übergang Syriens in ein demokratisches, pluralistisches System möglich. Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig sagte, die Resolution sei ein weitreichenden Schritt, aber erst der Anfang. "Der Waffenstillstand ist labil, das Regime übt weiter Druck aus und hat die Panzer nicht zurückgezogen." Sein französischer Kollege Gérard Araud sprach von 11.000 Menschen, die seit Beginn der staatlichen Gewalt im März vergangenen Jahres ums Leben gekommen seien.
Syrische Staatsmedien lobten unterdessen die Standfestigkeit des Regimes, das seine Gegner im Westen und in der arabischen Welt zermürben werde. Die staatliche Zeitung "Al-Thawra" schrieb am Samstag, selbst US-Außenministerin Hillary Clinton habe inzwischen festgestellt, dass sie sich an dem standhaften syrischen Volk die Zähne ausbeißen werde. Arabische Medien meldeten derweil, der Milliardär und Cousin des Präsidenten, Rami Machluf, habe im Auftrag des Regimes damit begonnen, über Mittelsmänner einen Teil der Goldreserven des Staates zu verkaufen.
dpa/est - Bild: Shaam News Network (afp)