Trotz Krise steigen die Umsätze weiter und auch die Exportzahlen sind wieder rekordverdächtig hoch.
Die französischsprachige Zeitung „Le Soir“ nimmt die ganze Woche lang das deutsche Wirtschaftsmodell unter die Lupe.
Im Fokus steht die Frage: Was machen die Deutschen besser als wir? Die Antworten liefert die Zeitung noch bis Freitag.
Gleich auf der Titelseite ist vom „deutschen Wirtschaftswunder“ die Rede. Wie schafft die Bundesrepublik das? Und: Können wir das deutsche Modell übernehmen?
Um diese Fragen zu beantworten, ist Pascal Martin, der Leiter des Wirtschafts-Ressorts der Zeitung ins Ruhrgebiet gefahren.
Für jeden, der exportiert, muss einer importieren
Was sofort auffällt, sagt Martin, sind die wirtschaftlichen Stärken Deutschlands: Die hohe Exportrate, die Krisenbeständigkeit und die Führungsrolle in Europa. Doch der Redakteur vom Soir hat schnell gemerkt: Die Medaille hat auch eine Kehrseite. In den letzten zehn Jahren hat die Bundesrepublik einschneidende Reformen durchgeführt: Die Agenda 2010 der rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder, die Hartz IV-Gesetze und der entstandene Niedriglohnsektor sind nur einige Beispiele.
Im Ruhrgebiet werde das besonders deutlich, erklärt Martin. Zwei Welten treffen hier aufeinander: hoch moderne Wirtschaftsparks, die im Zuge des Strukturwandels entstanden sind, mit unzähligen gut funktionierenden Unternehmen, und gleich nebenan ganze Stadtteile voll mit Arbeitslosen und Hartz IV-Empfängern, die nur schwer ins normale Leben zurückfinden.
Wirtschafts-Redakteur Dominique Berns ist überzeugt: Das deutsche Modell lässt sich nicht einfach so auf den Rest Europas übertragen, denn es fußt auf einem starken Export. Nur: Jeder kann nicht ständig ausführen. Schließlich braucht es auch Käufer, sprich einen Absatzmarkt für die Exportwaren.
Sprechen Sie Deutsch?
Le Soir wollte auch wissen, was die Belgier vom deutschen Wirtschaftsmodell halten, und hat deshalb nachgefragt - bei Politikern, Unternehmern und Gewerkschaftern. Die Politik, sagt Redakteur Bernand Demonthy, habe sich mit dem deutschen Sozialmodell noch nicht so recht befasst, die Arbeitgeber wollten ein Modell nach deutschem Vorbild mit weitgehenden Arbeitsmarktreformen und einer Lohnmäßigung, und die belgischen Gewerkschaften seien dagegen, lehnten das deutsche Wirtschaftsmodell aber nicht ganz ab. Es gebe auch gute Seiten wie die zeitlich befristete Kurzarbeit oder die Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten.
"Le Soir" ist überzeugt: Belgien und ganz besonders die Wallonie könnten etwas vom großen deutschen Nachbarn lernen. Vor allem der Strukturwandel nach der Schließung der Kohlezechen im Ruhrgebiet sei beeindruckend. Und die Belgier könnten noch etwas tun: Deutsch lernen. Schließlich seien derzeit fast 100.000 Spitzenjobs allein in Nordrhein-Westfalen unbesetzt.
Bild: Ronald Wittek (dpa)
Wieso denn "Wirtschaftswunder" und woher die Annahme, es "gehe den deutschen Nachbarn gut"? Da hat "Le Soir" aber nicht so genau hingeguckt.
Die erwähnten einschneidenden Reformen der letzten 10 Jahre (heisst übersetzt: Viele mussten sich für für Wenige eingeschränken) haben einzig und allein den Unternehmen genützt, am Großteil der Bevölkerung geht das Wirtschaftswunder nämlich schlicht und ergreifend vorbei.
Die Experimente am lebenden Volk, wie Schröders mit Vorschusslorbeeren übersäte Agenda 2010 oder Merkels derzeitiges mut- und kopfloses Herumagieren, fördern häßliche Auswüchse zu Tage, wie Sozialabbau, Lohndumping oder die Reduzierung von Arbeitnehmerrechten. Arbeitsmarktreformen und Lohnmäßigungen gingen ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmer. Wo ist da die Intelligenz und Ernsthaftigkeit? Wenn es doch alles so einfach ist, warum beschäftigen wir dann keine Grundschüler im Berliner Reichstag anstatt hunderter überbezahlter Politiker?
Tausende von Arbeitslosen werden von einem zweckentfremdeten Bürokratiemonster mit Namen "Arge" oder "Arbeitsagentur" in die Billiglohn- Sklaverei gezwungen. Damit sieht die Arbeitslosenstatistik zwar wieder schön aus, macht man sich aber die Mühe und kratzt nur ein wenig an dem matten Glanz, so stellt man sehr schnell fest, das genug Menschen nicht mehr von einer Vollzeitstelle leben können und nach wie vor Unterstützung von Vater Staat brauchen! Soll das eine Verbesserung sein? Wohl kaum!
Dem Unternehmer ist´s nur Recht: so kann er die Löhne mit staatlicher Duldung und Unterstützung noch mal drücken. Gewinne privatisieren, Verluste zahlt der Steuerzahler. Das ist eine Form des Sozialmißbrauchs, die zum Himmel stinkt!
Vielleicht hätte M. Demonthy neben Politikern, Unternehmen und Gewerkschaften auch besser mal die Arbeitnehmer gefragt. In deren Geldbörsen kommt nämlich von dem ganzen, hochproklamierten Segen nichts an, im Gegenteil!
Ich kann Belgien und insbesondere die Wallonie nur vor solchem Rückschritt warnen! Wenn Kapital und Politik im selben Boot sitzen, dann rudert der kleine Mann alleine! Echter Fortschritt und gelebte Solidarität sieht anders aus, nämlich nachhaltiger und gleich verteilter.
Das was hier als deutscher Erfolg propagandiert wird, steht auf tönernen Füßen und wird irgendwann von der Realität eingeholt, was bedeutet: klappt zusammen.
Dreimal dürfen Sie, lieber Leser, nun raten, wer dann den Karren wieder aus dem Dreck ziehen muss...