Der italienische Schriftsteller Antonio Tabucchi ist tot. Er starb am Sonntag nach langer Krankheit im Alter von 68 Jahren in Lissabon, wie seine Ehefrau der portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa bestätigte. Er solle am Donnerstag in der portugiesischen Hauptstadt beigesetzt werden. Sein wohl bekanntester Roman war "Erklärt Pereira" (1994) - unvergesslich dargestellt von Marcello Mastroianni im gleichnamigen Film. Der Autor und Professor für portugiesische Sprache und Literatur, der an der Universität Genua lehrte, war immer wieder Kandidat für den Literaturnobelpreis.
Einem Bericht der italienischen Zeitung "La Republica" zufolge erlag Tabucchi einem Krebsleiden. "Er starb am Morgen in Lissabon, seiner zweiten Heimat, nahe bei seinen Lieben und nahe den Poeten, die ihm am meisten bedeuteten", zitierte die italienische Nachrichtenagentur Ansa aus einer Mitteilung seines italienischen Verlages.
Das Buch "Erklärt Pereira" spielt 1938, im damals faschistischen Portugal. Der Held ist ein alternder und bequem gewordener Journalist in Lissabon, der eigentlich mit Politik nichts zu tun haben will, aber durch die Verhältnisse und das Engagement eines jungen Kollegen immer mehr hineingezogen wird. So wird der Unpolitische zum Zeitzeugen, der lernt, eine eigene Position zu ergreifen.
Tief eingetaucht in portugiesische Kultur
Ähnlich dem Helden dieses Romans wurde Tabucchi vor allem in der Amtszeit von Ministerpräsident Silvio Berlusconi immer mehr zum kritischen Zeitzeugen Italiens. Vielleicht auch deshalb verbrachte der Künstler den Großteil des Jahres in Lissabon. Als herausragender Kenner und Übersetzer der Werke des portugiesischen Autors Fernando Pessoa galt Tabucchi vielen Literaturexperten als "Grenzgänger zwischen italienischer und lusitanischer Kultur". Eines seiner schönsten Bücher, "Lissabonner Requiem" (1998), ist sogar auf Portugiesisch verfasst. Der Autor war tief eingetaucht in die Kultur Portugals.
Tabucchi sei "ein enger Freund der portugiesischen Literatur, ein enger Freund Lissabons und Portugals" gewesen, teilte der portugiesische Kultur-Staatssekretär Francisco José Viegas mit. Er sei "einer der Menschen gewesen, die am meisten über Europa und über das reflektiert haben, was Europa am meisten Sinn gibt, nämlich seine Kultur und seine Fähigkeit, mit der Welt in Dialog zu treten".
In der alltäglichen Wirklichkeit das Rätselhafte, Fantastische und Bedrohliche aufzeigen, das war Tabucchis eigentliche Stärke, meinten Kritiker. Es geht in seinen Werken um Irrwege des Schicksals - und immer wieder um das Drama und die Unumkehrbarkeit der Zeit. Häufig griff der Autor zum Genre des Kriminalromans, wie etwa in "Der verschwundene Kopf des Damasceno Monteiro" (1997).
"Es wird immer später" hieß eines seiner mehr als 20 Bücher. Ein Roman in Briefform, in dem Tabucchi mit leichter Hand Themen wie Liebe, Abschied und Tod behandelt. Es geht um Briefe an die verlassene Gefährtin, Ehefrau und ehemalige Geliebte. "Diese Herren Briefscheiber", schrieb der Autor, "haben Appetit auf das Leben. Das Mahl ist ihnen zwar nicht bekommen, aber der Appetit ist ihnen geblieben." Und wieder geht es um das Drama Zeit: "Umso niederschmetternder ist die Erkenntnis, dass sie es nicht geschafft haben zu leben, als es die Zeit dafür war."
dpa/rkr - Bild: Toni Albir (epa)