Dabei seien am Dienstag mindestens neun Menschen ums Leben gekommen, die meisten in Al-Rastan und dem Al-Chalidija-Viertel in Homs, wie die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Auch in der Provinz Hama habe es Angriffe der Armee von Präsident Baschar al-Assad gegeben.
Damaskus, wo sich am Vortag in einem Nobelviertel Rebellen und Assad-Soldaten Kämpfe geliefert hatten, war am Dienstag massiv abgesichert. Meldungen aus Syrien sind wegen der vom Regime erhobenen Medienblockade von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen.
Schwere Menschenrechtsverletzungen
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf auch der Opposition in einem offenen Brief an den Syrischen Nationalrat (SNC) und anderen Aktivisten schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Dazu gehörten Entführungen, Inhaftierungen und Folter von Sicherheitskräften und Regimetreuen Milizen. Einige Angriffe seien offenbar auch religiös motiviert und richteten sich gegen die schiitische oder alawitische Minderheit, der auch Assad angehört. Es habe zudem Berichte über Hinrichtungen gegeben.
Die Organisation in New York forderte die Oppositionsführung auf, solche Taten zu verbieten und deutlich zu machen, dass derartige Menschenrechtsverletzungen nicht hinnehmbar seien. Human Rights Watch betonte, dass die Protestbewegung noch bis September 2011 sehr friedlich gewesen sei. Doch dann habe sie mit dem Argument der Selbstverteidigung begonnen, sich zu bewaffnen. Seit Beginn der Massenproteste gegen Assad vor einem Jahr sind nach UN-Schätzungen mehr als 8000 Menschen getötet worden.
Ban nennt Lage in Syrien "nicht tolerierbar"
Für UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die Lage in Syrien ein "inakzeptables und nicht tolerierbares" Niveau erreicht. "Die Situation in Syrien ist zu der beunruhigendsten und besorgniserregendsten Angelegenheit für die internationale Gemeinschaft geworden", erklärte Ban am Dienstag nach Gesprächen mit dem indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono in Bogor, südlich der Hauptstadt Jakarta.
Der UN-Chef forderte die Regierung von Präsident Baschar al-Assad auf, ungehinderten humanitären Zugang zu gewähren. Er verlangte von der internationalen Gemeinschaft, weiterhin mit einer Stimme zu sprechen in ihrem Aufruf zum Ende der Gewalt. "Wir haben keine Zeit zu verlieren", sagte Ban.
Westen startet neuen Syrien-Vorstoß
Das Thema Syrien steht erneut auf der Tagesordnung der UN. Die Arabische Liga warnt vor einem Bürgerkrieg. Die Nato will nicht militärisch eingreifen.
Angesichts der eskalierenden Gewalt in Syrien hat der Westen bei den Vereinten Nationen einen neuen Vorstoß gestartet. Trotz der Blockade Russlands und Chinas brachten am Montag mehrere Staaten unter Federführung Frankreichs den Entwurf einer Stellungnahme in den Sicherheitsrat ein, darunter auch Deutschland.
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, warnte vor einer weiteren Eskalation in Syrien. "Ich bin sehr besorgt über die Verschlimmerung der Lage, die zu einem Bürgerkrieg führen könnte", sagte er in Brüssel. Der UN-Sicherheitsrat müsse "eine eindeutige und verpflichtende Resolution" beschließen, um die Kämpfe zu beenden".
Kein Nato-Militäreinsatz
Die Nato hat nach den Worten ihres Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen nicht die Absicht, in Syrien militärisch einzugreifen. "Für Syrien brauchen wir eine regionale Lösung mit einem starken Engagement von Ländern der Region, unterstützt von der internationalen Gemeinschaft über den UN-Sicherheitsrat", sagte Rasmussen der Nachrichtenagentur dpa in Brüssel. Er bedauerte die Spaltung des Sicherheitsrats. Diese sei "eine sehr unglückliche Botschaft an das Assad-Regime, dass sie weitermachen können mit ihren Razzien gegen die Zivilbevölkerung".
UN-Diplomaten beschrieben das Ziel des Papiers als "möglichst schnellen Einstieg in ein überprüfbares Ende der Gewalt". Auch die Russen bereiten ein Papier vor, mit der die jüngsten Bombenanschläge verurteilt werden sollen.
Präsidentielle Erklärung
Bei dem französischen Papier handelt es sich allerdings nicht um den Entwurf für eine Resolution, sondern um eine Präsidentielle Erklärung. Das ist ein reiner Appell, Strafen können nicht verhängt werden. Die Einstimmigkeit, mit der diese Erklärungen verabschiedet werden, gibt ihnen allerdings ein gewisses Gewicht - sofern sich denn alle 15 Ratsmitglieder einigen können. Abgestimmt werden könnte schon an diesem Dienstag.
Russen und Chinesen hatten schon drei Resolutionen gegen ihren Waffenkunden Syrien blockiert, in zwei Fällen per Doppelveto gegen eine große Mehrheit im Rat. Bereits im August hatte es eine Präsidentielle Erklärung gegeben, in der die Gewalt in Syrien verurteilt wurde. Damaskus hatte sie nach außen hin ignoriert.
Unterstützung für Mission des Syrien-Beauftragten
Der neue Entwurf sieht nach Angaben europäischer Diplomaten vor, ein klares Signal der Unterstützung für die Mission des Syrien-Beauftragten von Vereinten Nationen und Arabischer Liga, Kofi Annan, zu setzen. Inhaltlich basiere der Entwurf weitgehend auf den von Annan in Damaskus unterbreiteten Elementen.
Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig zeigte sich verhalten optimistisch: "Alle Ratsmitglieder haben ihre Unterstützung für Annans Mission ausgedrückt. Darauf wollen wir aufbauen. Unser Ziel ist eine möglichst klare Botschaft aller 15 Mitglieder an Assad. Je schneller das geschieht, umso nützlicher kann es für Annans Mission sein."
Russland knüpft Syrien-Resolution weiter an Bedingungen
Russland will eine Syrien-Resolution im Weltsicherheitsrat auch weiterhin nur unter bestimmten Bedingungen unterstützen. Ein Ultimatum an die syrische Führung werde Russland als Vetomacht im Weltsicherheitsrat wie bisher nicht mittragen, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. Er wies Informationen zurück, wonach Russland seine Position in der Syrien-Frage geändert habe. Moskau unterstütze vielmehr weiter die Mission des Syrien-Beauftragten von Vereinten Nationen und Arabischer Liga, Kofi Annan.
"Wichtig ist, dass die Vorschläge von Kofi Annan öffentlich gemacht werden", betonte Lawrow. Die Führung in Moskau setze sich weiterhin für eine Einigung zwischen der syrischen Bevölkerung, der Regierung und der Opposition ein. Russland hatte immer wieder deutlich gemacht, nur eine Resolution mitzutragen, die alle Seiten des Konflikts zum Gewaltverzicht und zu gemeinsamen Verhandlungen aufruft.
Zudem fordert die Vetomacht eine Garantie, dass eine militärische Einmischung wie zuletzt etwa in Libyen ausgeschlossen wird. Lawrow kritisierte, dass über Syriens Nachbarländer weiter Waffen zur Unterstützung der Opposition eingeschleust würden. Die jüngsten Anschläge in Syrien sowie die Bewaffnung von Regierungsgegnern seien eine "Provokation", um die Anstrengungen von Kofi Annan platzen zu lassen, sagte Lawrow. Wichtig sei nun vor allem auch die Bereitstellung von humanitärer Hilfe.
dpa/jp - Bild: sana/afp