Die katholische Kirche der Niederlande soll nach einem Medienbericht in den 1950er Jahren mehrere Jungen kastriert haben lassen, um ihre angeblichen homosexuellen Neigungen «zu heilen». Wie die Zeitung «NRC Handelsblad» am Samstag schrieb, sind mindestens zehn solcher Fälle bekannt. Dabei habe es sich um Minderjährige gehandelt, die zuvor in katholischen Schulen und Internaten von Kirchenangehörigen sexuell missbraucht worden seien. Von der Opposition kam am Wochenende die Forderung, den Vorwürfen auf den Grund zu gehen.
Die chirurgischen Eingriffe wurden laut dem Bericht in kirchengeführten psychiatrischen Kliniken vorgenommen. Zur Begründung hieß es, die Kinder sollten von ihrer Krankheit befreit werden. Die Zeitung beruft sich auf Aussagen von Opfern, ärztliche Berichte, Privatbriefe und Anwaltsdokumente. Es gebe zudem den Verdacht, dass Kinder, die sich trauten, den Missbrauch ihrer Klassenkameraden öffentlich zu machen, zur Strafe ebenfalls kastriert wurden.
Die sozialdemokratische Abgeordnete Khadija Arib kündigte für diese Woche eine parlamentarische Anhörung mit den Verantwortlichen einer Untersuchungskommission an, die im Dezember einen Bericht über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche der Niederlande vorgelegt hatte. Aus diesem ging hervor, dass in dem Land seit 1945 zehntausende Kinder in Kircheneinrichtungen missbraucht wurden.
Der Erzbischof von Utrecht, Wim Eijk, bat die Opfer im Dezember um Verzeihung. «Im Namen der Katholischen Kirche in den Niederlanden möchte ich mich aufrichtig entschuldigen.» Nach der Veröffentlichung des Berichts sagte er: «Das erfüllt uns mit Scham und Schmerz.»
Obwohl es damals schon den Verdacht auf Kastrationen als «therapeutische Maßnahme zur Heilung der Homosexualität» gab, war dieser Aspekt nicht in den Abschlussbericht aufgenommen worden. Wenn sich die Medieninformationen bestätigten, bedeute dies, dass diese Untersuchung nicht gründlich genug gewesen sei, meinte der Abgeordnete der linken Umweltpartei Groenlinks, Tofik Dibi.
dpa