Die Staatsschuldenkrise wird die 17 Euro-Länder nach Ansicht der EU-Kommission in diesem Jahr in die Rezession drücken. Die EU-Behörde erwartet 2012 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent.
In ihrer am Donnerstag veröffentlichten Prognose sind die Experten wesentlich pessimistischer als noch im Herbst. Damals hatten sie einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,5 Prozent für den Währungsraum vorhergesagt. Für die EU mit 27 Ländern erwartet die Kommission eine Stagnation.
Für Belgien sieht die Prognose besonders düster aus. Laut EU-Kommission wird die belgische Wirtschaft um 0,1 Prozent schrumpfen. Die Inflationsrate werde voraussichtlich 2,7 Prozent betragen. Die Kommission schließt sich damit der Einschätzung der Nationalbank an. Für das dritte Quartal wird aufgrund der starken Position der Unternehmen im Exportbereich mit einem leichten Anziehen der Konjunktur gerechnet. Dieser positive Trend werde sich gegen Jahresende verstärken.
Weitere politische Maßnahmen zur Euro-Rettung entscheidend
EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn sprach von einer "milden Rezession": "Es gibt Anzeichen einer Stabilisierung, insbesondere in jüngster Zeit gab es positive Anzeichen." In der zweiten Jahreshälfte werde die Wirtschaft wohl wieder gering zulegen. Die EU-Kommission spricht von einer Rezession, wenn die Wirtschaftsleistung eines kompletten Jahres unter dem des Vorjahres liegt. Entscheidend seien weitere politische Maßnahmen zur Euro-Rettung: "Die Prognose gilt unter der Voraussetzung, dass die Staatsschuldenkrise sich abschwächen wird." Rehn sprach sich erneut für eine Aufstockung des 500 Milliarden Euro schweren Krisenfonds ESM aus, der im Sommer starten wird. Deutschland lehnt dies ab.
Es sind vor allem die Krisenstaaten Griechenland und Portugal, die vom Abschwung erfasst sind und die Länder der Währungsunion in die Rezession ziehen. Für Griechenland erwartet die EU in diesem Jahr ein Minus von 4,4 Prozent - nach einem Einbruch von 6,8 Prozent 2011. In Portugal werde die Wirtschaft um 3,3 Prozent schrumpfen. Beide Schuldensünder konnten nur mit milliardenschweren Hilfspaketen von den Euro-Partnern und dem Internationalen Währungsfonds vor dem Bankrott gerettet werden und müssen strikte Sparauflagen einhalten - die wiederum die Wirtschaft abwürgen.
Deutlich schrumpfen werden demnach auch die Wirtschaft in Italien mit minus 1,3 (Herbstprognose: plus 0,1 Prozent) und Spanien mit minus ein Prozent.
Nur noch Deutschland wird von den großen Euro-Volkswirtschaften laut Prognose nennenswert wachsen. Die EU-Kommission prognostiziert jedoch lediglich ein Plus von 0,6 Prozent für die deutsche Wirtschaft - nach starken 3,0 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr. Für Frankreich werden 0,4 Prozent vorausgesagt. Das liegt jeweils 0,2 Prozentpunkte unter der Herbstprognose.
Unsicherheit über die weitere Entwicklung
Es gebe viel Unsicherheit über die weitere Entwicklung, schrieb die EU-Kommission. Im laufenden Jahr würden die Bremseffekte vom Jahresende 2011 zunächst noch anhalten.
Für die gesamte EU mit 27 Ländern sagt die EU-Kommission eine Stagnation voraus. Die Wirtschaftsleistung werde mit 0,0 Prozent 2012 unverändert bleiben - in der Herbstprognose hatte man noch mit einem deutlichen Wachstum von 0,6 Prozent gerechnet. Spitzenreiter beim Wachstum in der EU ist das Nicht-Euro-Land Polen mit plus 2,5 Prozent.
Die Inflation im Euro-Raum werde wegen hoher Energiepreise und steigender indirekter Steuern 2,1 Prozent betragen. Damit würde sie leicht über der Schwelle von Zwei-Prozent liegen, die die Europäische Zentralbank (EZB) als stabiles Preisniveau betrachtet.
belga/dpa/jp/rkr - Archivbild: BRF Fernsehen