Union und FDP beraten heute über die Nachfolgefrage. Bereits gestern hatten sich dazu die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP zu einem ersten Gespräch im Kanzleramt getroffen. Einzelheiten wurden nicht bekannt.
Die deutsche Kanzlerin Merkel will einen Kandidaten finden, der parteiübergreifend tragbar ist.
SPD und Grüne zeigten sich zur Zusammenarbeit bereit, machten aber deutlich, dass sie kein Regierungsmitglied akzeptieren würden.
Wulff war gestern nach zehn Wochen Dauerkritik und angesichts drohender strafrechtlicher Ermittlungen mit sofortiger Wirkung zurückgetreten.
Die Staatsanwaltschaft Hannover hat am Vormittag das Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Bundespräsidenten offiziell eingeleitet. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, mit dem Ende der Immunität beginne automatisch das Ermittlungsverfahren.
Die Justiz will gegen Wulff wegen des Anfangsverdachts der Vorteilsnahme ermitteln. Im Fokus des Verfahrens steht das dienstlich-private Verhältnis zwischen Wulff und dem Filmfondsmanager David Groenewold. Auch gegen ihn soll ermittelt werden.
Auslandspresse
Der Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff ist am Samstag in ausländischen Medien mit Blick auf die Folgen für Kanzlerin Angela Merkel kommentiert worden. Hier eine Auswahl von Stimmen aus Frankreich, Großbritannien und Österreich:
«Le Parisien»: «Der Rücktritt stürzt das Land nicht in eine politische Krise, weil der Präsident in Deutschland nur eine repräsentative Rolle hat, aber er ist eine Schmach für Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Wulff extrem unterstützt hat.»
«Libération»: «Die Deutschen spaßen nicht mit der Moral in der Politik. Es ist letztendlich eine banale Geschichte um einen Urlaub unter Freunden, die Wulff zum Verhängnis wurde. (...) Er hinterlässt eine zwiespältige Bilanz. Als jüngster Präsident in der deutschen Geschichte hat er das Amt entstaubt. Mit dem Benehmen eines idealen Schwiegersohns hat er an der Seite seiner jungen Frau ein Paar geformt, das das Image eines modernen Konservativen verkörperte.»
«Le Figaro»: «Welche politischen Schäden diese Affäre hinterlässt, wird davon abhängen, wie schnell es Bundeskanzlerin Merkel schafft, einen Konsenskandidaten zu finden.»
«Daily Mail»: «Peinlich für Merkel - Deutscher Präsident tritt blamiert zurück, nachdem er versucht hatte, die Presse zu vereinnahmen.»
«Independent»: «Deutscher Präsident geht nach Kreditskandal - Die Entscheidung des 52 Jahre alten Konservativen zurückzutreten ist ein peinlicher Schlag für Kanzlerin Merkel, die ihren Vertrauten vor 18 Monaten persönlich für den weitgehend zeremoniellen Posten ausgesucht hatte.»
«The Guardian»: «Christian Wulff wurde von Angela Merkel als Staatsoberhaupt ausgesucht, aber konnte den Streit über unpassende Verbindungen zu Geschäftsleuten nicht abschütteln.»
«Kurier»: «Der deutsche Bundespräsident stolperte unter anderem über Urlaube, die befreundete Geschäftsleute zahlten. Aber hüten wir uns davor, die Politik pauschal als korrupt abzuqualifizieren. Nichts wäre gefährlicher.»
«Wiener Zeitung»: «Deutschland scheint - leider - politisch deutlich erwachsener zu sein als Österreich. In Österreich ist selbst eine erfolgte Aufhebung der Immunität kein Rücktrittsgrund. (...) Geld und Karriere hängen in Österreich nach wie vor stark an Deals und weniger an Leistung. Wie lange das noch geht, wird sich erst weisen. Unerträglich ist es längst.»
dpa/est - Bild: Johannes Eisele (afp)
Es sei vielleicht noch am Rande erwähnt, dass es ein ernstgemeinter Vorschlag vieler Bürger ist, dass die Piratenpartei (die wegen wegen Berlin Stimm- und Vorschlagsrecht hat) den Kabarettisten Georg Schramm vorschlagen soll.
Nicht, dass der von der Piratenpartei vorgeschlagene auch nur den Hauch einer Chance hätte (schließlich wurde er ja von der Piratenpartei vorgeschlagen), aber seine Aussagen in den Medien dazu und die öffentlichen Aussagen, warum Georg Schramm dann offiziell nicht genommen wird/werden kann dürften einen ausgesprochen hohen Unterhaltungswert haben !
Hereinspaziert, Damen und Herren, zum großen Kasperletheater "Bundesrepublik Deutschland"! Wir sind wirklich nur noch eine Nasenlänge von einer Bananenrepublik entfernt.
Jetzt geht das ganze Drama wieder los, wie vor Wulff´s Wahl. Kaum Kandidaten, aberwitzige Vorschläge, Diskussionen um Sinn und Unsinn des Amts, parteipolitische Rangeleien und weitere schlaflose Nächte für Oberkomödiendirektorin Merkel. An Lächerlichkeit und Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten! Der Wahnsinn ist nicht mehr darstellbar und hat doch Methode. Ich habe bereits vorsorglich das "D" von meinem Auto entfernt- zu peinlich, damit im Ausland unterwegs zu sein.
Liebe Belgier, was muss ich machen, um meinen Mitgliedsausweis in diesem Affentheater gegen einen belgischen Personalausweis tauschen zu können? Bitte um ernsthafte Vorschläge zu ernstgemeinten Überlegungen.
Herr Christian Wulff hat sich durch verschiedenartige Verstrickungen in ein Netz der Gewährung gegenseitiger Gefälligkeiten selbst zu Fall gebracht und nun endlich durch seinen überfälligen Rücktritt den Weg für einen Neuanfang im Berliner Schloss Bellevue frei gemacht.
In einer Zeit, in der wir einen Werteverfall auf breiter Front erleben, kommt dem deutschen Staatsoberhaupt eine bedeutende Rolle als moralische Instanz in unserem Lande zu, quasi als integerer, nicht zwingend fehlerfreier, aber überzeugender Mahner für eine wertschätzende Umgangskultur in allen gesellschaftlichen Bereichen.
Großes Ansehen im Volk und auch bei mir genießt Herr Joachim Gauck, den ich für geeignet halte, den ramponierten Ruf und die angeschlagene Autorität des Amtes des Bundespräsidenten wiederherzustellen. Ich würde mir wünschen, dass sich eine große und parteiübergreifende Mehrheit in der Bundesversammlung für diesen unerschrockenen Verfechter von Grund- und Bürgerrechten einsetzt.
Auch ich sympathisiere mit Herrn Gauck, glaube aber nicht, dass er sich bereit erklären wird, jetzt dieses Amt anzunehmen.
Wenn wundert's, jetzt wo Kandidatenmangel ist, fallen auch Namen des weiblichen Geschlechts, den leeren Posten zu besetzen! Das erinnert mich an Kriegszeiten, in der Not erinnert man sich an Frauen, verläuft jedoch der Alltag wieder in relativ normalen Bahnen, wünscht man dass das weibliche Geschlecht sich um die 3 K's kümmert, also zurück am Herd! Typisch Mann!
Frau Kerstges, das stimmt so nicht. Gesine Schwan war bereits vor einigen Jahren im Gespräch, und Deutschland hat eine KanzlerIN sowie einige MinisterINNEN! Ihre Diskreminierungsparanoia ist hier also völlig unangebracht.
Was sollen Ihre o.e. Argumente, Herr Himmerich? Gestern wurden im TV alle Namen der eventuellen Kandidaten genannt. Es waren ca. NUR 3 weibliche Namen dabei, männliche dagegen in Überschuß! Des weiteren, was soll das mit dem Namen von Gesine Schwann? NUR eine Frau gegen eine Überzahl von Männern?