Deutschland hat mal wieder Glück gehabt: Das wirtschaftliche Schwergewicht der Eurozone ist bei einer neuen Runde von Rating-Abstufungen schadlos geblieben. Dagegen senkte die Agentur Moody's am späten Montag den Daumen über Italien, Spanien, Slowenien, der Slowakei, Portugal und Malta.
Besonders hart traf es Spanien mit einer Abstufung der Kreditwürdigkeit gleich um zwei Stufen. Bis auf Portugal besitzen aber alle genannten Länder immer noch ein gutes bis befriedigendes Rating.
Eine verschlechterte Kreditwürdigkeit bedeutet in der Regel, dass Staaten höhere Zinsen für Kredite zahlen müssen oder Probleme bekommen, überhaupt an frisches Geld zu gelangen.
Die führende Ratingagentur Standard & Poor's hatte im Januar für einen Schock gesorgt, indem sie unter anderem Frankreich und Österreich die Bestnote AAA aberkannte. Die kleinere Agentur Fitch stufte anschließend ebenfalls mehrere Euroländer ab.
Moody's senkt Ausblick für Österreich: Wien bleibt optimistisch
Das Finanzministerium in Wien sieht trotz des Warnschusses durch die Rating-Agentur Moody's keine Gefahr für eine Abstufung der Kreditwürdigkeit Österreichs. Die Agentur hatte die Spitzenbewertung AAA für Österreich beibehalten, allerdings den Ausblick von "stabil" auf "negativ" gesenkt. Dies sei "bedauerlich", erklärte das Finanzministerium in Wien am Dienstag. Die Agentur habe dabei allerdings das jüngst beschlossene Sparpaket nicht berücksichtigt. Das Finanzministerium sieht daher keine Gefahr für eine bald mögliche Herabstufung.
Moody's habe ausgeführt, dass es dann zu einer Herabstufung kommen könnte, wenn sich entweder die Krise in der Euro-Zone drastisch verschärfe oder weitere wesentliche Stützungsmaßnahmen für den Bankensektor erforderlich werden sollten. "Derzeit gibt es keine Anzeichen dafür, dass solche Stützungen nötig sind", hieß es in einer Erklärung des Ministeriums. "Der österreichische Finanzsektor ist gerade dabei, mit diversen Maßnahmen seine Kapitalbasis zu stärken. Wir gehen davon aus, dass diese Stärkung von Moody's bei künftigen Bewertungen berücksichtigt wird."
Spanien nennt Herabstufung durch Moody's "paradox"
Die Regierung in Madrid hat mit Unverständnis auf die von der US-Ratingagentur Moody's beschlossene Herabstufung der Kreditwürdigkeit Spaniens um zwei Stufen reagiert. Die Entscheidung sei "paradox" sagte Finanzminister Cristóbal Montoro am Dienstag in einem Rundfunkinterview. Montoro beklagte, dass Agenturen wie Moody's die von der spanischen Regierung angeschobenen Reformen einerseits als positiv bewerteten, sich andererseits jedoch für eine Abstufung entschieden.
Montoro versicherte, Spanien sei auf dem Weg, das Problem des fehlenden Wirtschaftswachstums zu lösen. Der Kampf gegen das Haushaltsdefizit sei von wesentlicher Bedeutung, betonte der Finanzminister. Demnächst werde in Spanien ein Gesetz verabschiedet, das alle öffentlichen Verwaltungen dazu verpflichte, ihre Budgets ohne Defizite vorzulegen.
Der Minister räumte ein, es gebe das Risiko, dass Länder wie Spanien, Portugal oder Italien von der Griechenland-Krise angesteckt werden könnten. Es sei "bedauerlich", dass bestimmte Mitgliedsstaaten der Euro-Zone die Regeln der Haushaltsstabilität nicht akzeptierten. Mit Zwangsmaßnahmen könnten jedoch in der Euro-Zone keine Fortschritte gemacht werden, denn es handele sich um einen "Club der Freiwilligen."
Frankreich: Moody's-Entscheidung unverständlich
Frankreich Wirtschafts- und Finanzminister François Baroin hat die Moody's-Entscheidung zur Abstufung von sechs Euro-Ländern als unverständlich bewertet. In einer Stellungnahme wies er am Dienstag ausführlich auf die jüngsten Fortschritte bei der Bekämpfung der Schuldenkrise hin. Neben den Maßnahmen auf europäischer Ebene hätten auch die betroffenen Staaten erhebliche Anstrengungen unternommen, um ihre Haushaltslage in den Griff zu bekommen.
Bei Moody's behalten die Franzosen zwar ihr Spitzen-Rating, doch ist der Ausblick nun negativ. Das heißt, dass die Gefahr einer Abstufung wächst. Frankreichs Staatsdefizit lag 2011 bei schätzungsweise 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und damit deutlich über der im Maastricht-Vertrag der EU vorgegebene Obergrenze von drei Prozent. Diese soll erst 2013 wieder eingehalten werden.
Britische Regierung reagiert gelassen auf Moody's-Warnung
Die britische Regierung hat gelassen auf die Warnung der US-Ratingagentur Moody's vor einem Verlust der Top-Bonität des EU-Landes reagiert. Schatzkanzler George Osborne, der für seine Sparpolitik kämpft, sieht sich in seinem Kurs bestätigt. Moody's Drohung, das Königreich könne seine "AAA"-Spitzenwertung verlieren, sei ein "Realitäts-Check für alle, die denken, Großbritannien könne sich vor der Konfrontation mit seinen Schulden drücken", sagte Osborne am Dienstag.
Aus der Opposition gab es erneut Kritik an den harten Sparmaßnahmen der Regierung. Moody's Entscheidung sei die "deutlichste mögliche Warnung", sagte Schatten-Schatzkanzler Ed Balls von der sozialdemokratischen Labour-Partei. Die Regierung müsse dringend für Wachstum sorgen. "Wir haben immer wieder davor gewarnt, dass das Glücksspiel des Schatzkanzlers, die Steuern anzuheben und die Ausgaben zu schnell und zu stark zu kappen, auf ihn zurückschlagen würde."
Schuldenkrise Grund für Abstufungen
Als Grund für die Abstufungen führte Moody's die Schuldenkrise an. Es sei unklar, ob und wie die Probleme gelöst werden könnten. Die wirtschaftlichen Aussichten verschlechterten sich vor diesem Hintergrund, hieß es. Das wiederum belaste die Finanzmärkte und könnte in der Zukunft für weitere Schocks sorgen.
Großbritannien, wenngleich nicht selbst Mitglied der Eurozone, drohe von diesen Schocks in Mitleidenschaft gezogen zu werden, warnte Moody's. Zudem verschlechterten sich auch auf der Insel die wirtschaftlichen Perspektiven, was den geplanten Schuldenabbau infrage stelle.
Moody's verpasste auch den bereits abgewerteten Staaten durchgehend einen negativen Ausblick. Dagegen ist Deutschlands Aaa-Spitzenrating derzeit nicht gefährdet, wie die Agentur betonte. Der Ausblick bleibt stabil.
Ebenfalls unberührt bleibt nach einer gesonderten Erklärung vom Dienstag der Rettungsfonds EFSF. Er hat bei Moody's weiterhin ein Spitzen-Rating mit einem stabilen Ausblick. Standard & Poor's dagegen hatte das Rating um eine Stufe gesenkt, was die Bemühungen um die Stabilisierung der Eurozone erschweren könnte.
Bislang jedoch hielten sich die Auswirkungen der Rating-Abstufungen in Grenzen. Im Gegenteil: Manche Eurostaaten schafften es sogar in jüngerer Vergangenheit, sich zu günstigeren Konditionen Geld am Kapitalmarkt zu leihen. Erst am Montag hatte die Verabschiedung des Sparpakets durch das griechische Parlament die Börsianer aufatmen lassen.
Euro und Ölpreise sinken nach Moody's-Rundumschlag
Der Kurs des Euro ist am Dienstag nach einem erneuten Rundumschlag einer der führenden Ratingagentur gegen die Eurozone deutlich unter die Marke von 1,32 US-Dollar zurückgefallen. Im frühen Handel stand die Gemeinschaftswährung bei 1,3140 Dollar. Ein Dollar kostete damit 0,7609 Euro. Zu Beginn der Woche hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Referenzkurs noch auf 1,3254 (Freitag: 1,3189) Dollar festgesetzt.
Auch die Ölpreise sind am Dienstag gesunken. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im März kostete am frühen Morgen 116,72 US-Dollar. Das waren 57 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte WTI (West Texas Intermediate) fiel um 37 Cent auf 100,54 Dollar.
Die Entscheidung von Moody's habe den Anlegern noch einmal die Risiken für die weiter Entwicklung in der Euro-Schuldenkrise vor Augen geführt, erklärte Marktstratege Michael McCarthy von CMC Markets den aktuellen Preisrückgang beim Rohöl.
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