Wie Küstenwachen-Kommandant Cosimo Nicastro am Donnerstagabend mitteilte, werde auf dem havarierten Kreuzfahrtschiff «Costa Concordia» nach Vermissten «so lange gesucht, bis es das Wetter nicht mehr zulässt». Allerdings beschränke sich die Arbeit in der Nacht auf die Bereiche des Schiffs, die über Wasser liegen. «Die Taucher haben am Abend aufgehört, weil es einfach zu dunkel wurde», sagte Nicastro. Die Suche konzentriere sich auf das Deck Nummer vier, von wo aus man in Teile des leckgeschlagenen Schiffs hineinkomme.
Die «Costa Concordia» befindet sich vor der Insel Giglio in prekärer Lage. Sie droht vor allem bei unruhiger See tiefer zu sinken. Nicastro erklärt, deshalb seien am Donnerstag spezielle Löcher und Wege in das Schiff gesprengt worden, über die sich die Retter im Falle eines Abrutschens in Sicherheit bringen könnten. Am sechsten Tag nach der Unfall wurde nach seinen Worten kein weiterer Mensch gefunden. Immer noch werden mehr als 20 Menschen vermisst.
Knapp eine Woche nach dem Unglück warnten Meteorologen vor starken Winden und schwerem Seegang. Meterhohe Wellen könnten das havarierte Schiff abrutschen und sinken lassen.
Nach dem Unglück nimmt der US-Eigner Carnival die Sicherheitsvorkehrungen auf allen seinen Kreuzfahrtschiffen unter die Lupe. «Diese Tragödie stellt die Sicherheits- und Notfall-Prozeduren unserer Firma in Frage», sagte Firmenchef Micky Arison späten Donnerstag in Miami. Er beteuerte, die Bestimmungen in der Branche seien bereits hoch. Die Überprüfung solle aber sicherstellen, «dass sich diese Art von Unglück nicht wiederholt».
Die Federführung bei der Überprüfung der Notfall-Richtlinien übernimmt der ehemalige Navy-Kapitän James Hunn, der nach einer 32-jährigen Karriere in der US-Kriegsmarine bei der weltgrößten Kreuzfahrt-Reederei angeheuert hatte. Auch außenstehende Experten sollen einen Blick auf die Sicherheitsvorkehrungen werfen. Zu Carnival gehören mehr als 100 Schiffe, die unter eigenem und dem Namen diverser Tochtergesellschaften fahren, darunter der italienischen Reederei.
Die Reederei Costa Crociere suspendierte den beschuldigten Kapitän, Francesco Schettino, mit sofortiger Wirkung vom Dienst. Das Genueser Unternehmen werde ihn auch nicht verteidigen, sagte Costa-Anwalt Marco De Luca nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa. Costa Crociere sehe sich selbst als geschädigt an.
Schettino wird mehrfache fahrlässige Körperverletzung, Havarie und Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft. In etwa zehn Tagen sollen toxikologische Untersuchungen abgeschlossen sein, die Aufschluss über einen möglichen Drogenkonsum des Kapitäns geben. Dies wurde laut Ansa aus Justizkreisen in Grosseto bekannt. Ausgeschlossen scheine es, dass Schettino während der Havarie betrunken war, hieß es. Der 52-Jährige steht unter Hausarrest. Freunde verteidigten ihn. Sie fordern, Schettino nicht länger an den Pranger zu stellen. «Nicht aufgeben, Kapitän», stand auf einem Plakat zur Begrüßung, wie Aufnahmen aus Meta di Sorrento bei Neapel zeigten.
Das 290 Meter lange Schiff mit mehr als 4200 Menschen an Bord rammte vor einer Woche - in der Nacht zum Samstag - nach einer Kursänderung des Kapitäns einen Felsen, schlug leck und kenterte. Das Schiff liegt in starker Schräglage vor der Insel Giglio. Das Abpumpen von Öl aus den Tanks des Schiffs wird voraussichtlich mehrere Wochen dauern. Die Arbeiten sollen am Samstag beginnen, vielleicht auch schon früher, wie das italienische Umweltministerium mitteilte. Man warte darauf, dass die Rettungsarbeiten auf dem Schiff beendet seien.
dpa/jp/est - Bild: Vincenzo Pinto (afp)