Der Kapitän des am Wochenende havarierten Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" war am Dienstagabend unter Hausarrest gestellt worden und muss nicht weiter in Untersuchungshaft bleiben.
Anders als die Staatsanwälte sah die zuständige Richterin von Grosseto, Valeria Montesarchio, keine Fluchtgefahr bei Schettino. Wohl aber bestehe die Gefahr der Manipulation von Beweisen, so die Richterin.
Darüber hinaus erklärte Montesarchio, der Kapitän habe zwar das Schiff verlassen, sei aber einige Stunden auf einem Felsen nahe des Luxuskreuzers geblieben. Die Staatsanwaltschaft wirft Schettino mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und das Verlassen des Schiffes mitten in der Evakuierung vor.
Technisches Problem Schuld an schlechter Evakuierung
Laut italienischen Medienberichten machte Francesco Schettino (52) ein technisches Problem dafür verantwortlich, dass er die Evakuierung an Bord nicht koordiniert hat. "Ich wollte nicht abhauen, sondern habe Passagieren geholfen, ein Rettungsboot ins Wasser zu lassen", sagte er demnach vor einer Richterin.
Als der Absenkmechanismus blockierte und plötzlich aber wieder ansprang, "bin ich gestrauchelt und lag plötzlich zusammen mit den Passagieren im Boot". Daraufhin habe er nicht mehr auf das Schiff zurückkehren können, weil sich dieses schon zu sehr in Schräglage befunden habe.
Die Tageszeitungen "Corriere della Sera" und "La Repubblica" zweifeln diese Version der Ereignisse an, vor allem weil sich in dem Rettungsboot auch der zweite Offizier Dimitri Christidis und der dritte Offizier Silvia Coronica befunden hätten.
Francesco Schettino war auf Antrag der Staatsanwaltschaft am vergangenen Samstag festgenommen worden. Die Staatsanwälte hatten von Fluchtgefahr gesprochen. Dem Kapitän werden mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und Verlassen des Schiffes mitten in der Evakuierung vorgeworfen. Ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.
Gegen den Kapitän wurden neue, schwere Vorwürfe laut. So belegte ein Gesprächsprotokoll eine völlig chaotische Evakuierung. Der Kapitän gab jedoch an, nach der Kollision noch zahlreiche Menschen gerettet zu haben.
Veröffentlichte Gespräche zwischen Küstenwache und Kapitän belasten Schettino noch mehr: Sie könnten zeigen, dass er das Problem heruntergespielt, das Schiff tatsächlich verfrüht verlassen und die Passagiere sich selbst überlassen habe. Er soll sich auch mehrfach geweigert haben, an Bord zurückzukehren.
dpa/est/sh - Bild: Enzo Russo (afp)