Das französische Gesundheitsministerium hat 30.000 Frauen eine vorsorgliche Entfernung von Billig-Brustimplantaten empfohlen - auch wenn die Regierung keine Gefahr eines erhöhten Krebsrisikos sieht.
Gesundheitsminister Xavier Bertrand riet betroffenen Frauen am Freitag zur OP. Die Empfehlung sei "rein vorsorglich und ohne Dringlichkeit", hieß es in einer Mitteilung auf der Website des Ministeriums. Eine solch staatlich initiierte Rückruf-Aktion ist im Bereich der Schönheitschirurgie beispiellos.
Betroffen sind Frauen, die sich minderwertige Einlagen des 2010 in Konkurs gegangenen Herstellers Poly Implant Prothèse PIP aus Südfrankreich zur Brustvergrößerung einsetzen ließen. Angeblich war das verwendete Silikon eigentlich zur Herstellung von Matratzen vorgesehen. In Deutschland sind die PIP-Produkte nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums seit April 2010 verboten. Ärzte wurden aufgefordert sich zu melden, sollten sie diese Implantate verwendet haben. Frauen erhalten in der Regel nach dem Einsetzen eines Silikonkissens ein Zertifikat mit dem Namen des Herstellers.
Bei seiner Empfehlung ließ sich das Gesundheitsministerium in Paris von Experten des nationalen Krebsinstituts beraten, die allerdings keine erhöhte Krebsgefahr durch die Billig-Implantate feststellten. Sorge haben in Frankreich acht Fälle von Tumorerkrankungen bei Frauen ausgelöst, deren Implantate gerissen waren und sich im Körper verbreiteten.
Klage wegen defekter Implantate
Mehr als 2000 Frauen haben seit März 2010 in Frankreich wegen der defekten Implantate vor Gericht geklagt. Bei einigen Frauen lösten undichte Prothesen Entzündungen im Körper aus. Etwa 500 Frauen haben sich bereits auf Raten ihrer Ärzte freiwillig ihre Silikon-Einlagen wieder herausoperieren lassen. Sie waren durch die Berichte verunsichert und wollten keine "Zeitbomben im Körper" haben. Auch das Ministerium riet nun zur OP, selbst wenn die Silikonkissen noch keine Defekte oder Risse zeigen sollten.
In Frankreich war der Druck auf den Staat in den vergangenen Monaten gestiegen. Vor dem Gesundheitsministerium demonstrierten täglich Trägerinnen der minderwertigen Prothesen. Viele von ihnen haben sich in einer Opfervereinigung zusammengeschlossen, die die Empfehlung des Ministers nun als Sieg feiern.
Mit seiner Empfehlung hat nun der Staat auch die Pflicht übernommen, die Kosten für die Entfernung der PIP-Implantate zu übernehmen. Die Sozialversicherung zahlt in allen Fällen.
Medienberichten zufolge wurden die Einlagen in etwa 80 Prozent aller Fälle bei reinen Schönheitsoperationen eingesetzt. In schicken Pariser Kliniken müssen Patientinnen für eine Brustvergrößerung oder -Verschönerung zwischen 4000 bis zu 8000 Euro hinblättern.
Auch Klagen in Großbritannien
Auch in Großbritannien sind mehr als 250 Frauen mit PIP-Einlagen gegen Krankenhäuser und Ärzte vor Gericht gezogen. Als das Unternehmen 2010 in Konkurs ging, hat die französische Medikamentenbehörde eine "anormale Häufung" von schadhaften Prothesen festgestellt.
Die Ermittler vermuteten, das Unternehmen habe seine Kosten reduzieren wollen und deshalb billiges Gel eingekauft haben, wodurch angeblich eine Million Euro pro Jahr eingespart worden seien.
Exportiert wurden die Silikon-Kissen in mehr als 65 Länder, hauptsächlich jedoch nach Lateinamerika.
dpa/wb - Bild: Peter Nyikos (epa)