Zwei Wochen nach der Parlamentswahl in Russland reißen die Proteste der Opposition gegen die von Fälschungsvorwürfen überschattete Abstimmung nicht ab.
Landesweit forderten am Wochenende erneut tausende Demonstranten bei friedlichen Kundgebungen eine Wiederholung des Urnengangs. Grigori Jawlinski von der liberalen Jabloko-Partei sprach sich am Samstag vor rund 4000 Unterstützern in Moskau für tiefgreifende Reformen in Russland aus.
Kommunistenchef Gennadi Sjuganow sprach am Sonntag vor etwa 5000 Anhängern in Moskau von der "schmutzigsten Wahl" seit dem Ende der Sowjetunion 1991. Seine Partei habe am 4. Dezember "viel mehr Stimmen" erhalten als die offiziellen 19,19 Prozent, behauptete er. Wahlleiter Wladimir Tschurow müsse zurücktreten, forderte der Chef der früheren Staatspartei, die zweitstärkste Kraft in der Duma ist.
Der inhaftierte Oppositionelle Sergej Udalzow musste unterdessen in eine Klinik verlegt werden. Dem Regierungsgegner, der seit 14 Tagen mit einem Hungerstreik gegen seinen Arrest protestiere, gehe es sehr schlecht, sagte seine Frau Anastassija der Nachrichtenagentur dpa.
"Töne wie aus dem Kalten Krieg"
Kremlchef Medwedew nannte bei einem Treffen der Regierungspartei Geeintes Russland einige Aussagen der US-Regierung unannehmbar und empörend. "Ich war gezwungen, Präsident Barack Obama gestern am Telefon zu sagen, dass die Bewertung unserer Wahlen durch die USA für uns keinerlei Bedeutung hat", sagte er am Samstag in seiner Residenz Gorki bei Moskau. Russland sei offen für korrekte Kritik. Aber "Töne wie aus dem Kalten Krieg" seien nicht akzeptabel. Vor kurzem hatte schon Regierungschef Putin den USA vorgeworfen, das Signal für die Massenproteste in Russland gegeben zu haben.
In St. Petersburg forderten Vertreter der liberalen Opposition bei einer Kundgebung auch die Freilassung aller Regierungskritiker, die während der jüngsten Protestwelle eingesperrt worden waren. Am Rande der Veranstaltung mit etwa 2000 Teilnehmern wurde der Putin-Kritiker und Ex-Vizeregierungschef Boris Nemzow kurzzeitig festgenommen. Auch an zahlreichen anderen Orten im Riesenreich demonstrierten Menschen friedlich für Neuwahlen.
Trotz der massivsten Anti-Regierungsproteste in Russland seit den 1990er Jahren lehnen Putin und Medwedew die Forderungen der Opposition weiter ab. Die Regierungspartei nominierte Sergej Naryschkin, einen engen Vertrauten von Regierungschef Wladimir Putin, als künftigen Duma-Vorsitzenden. Putin will nach der Präsidentenwahl am 4. März 2012 in den Kreml zurückkehren.
dpa/rkr - Bild: Maxim Shipenkov (epa)