IWF-Chefin Christine Lagarde hat die Weltgemeinschaft eindringlich zum Schulterschluss gegen eine drohende globale Wirtschaftskrise aufgerufen.
Keine Volkswirtschaft, egal ob arm oder reich, sei momentan immun gegen einen Niedergang, wenn sie sich isoliere, sagte die Direktorin des Internationalen Währungsfonds am Donnerstag in Washington. Hauptursache der globalen Gefahren seien die Probleme in der Eurozone.
Lagarde verglich die Situation mit den 1930er Jahren, bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach. Während der Großen Depression hätten Rückzug, Protektionismus und Isolation die internationale Politik bestimmt.
Protektionismus: 800 Milliarden Dollar Verlust
Mit diesen Äußerungen dürfte Lagarde auch auf die erfolglosen Bemühungen bei der Welthandelsorganisation WTO zu einer Liberalisierung des Welthandels anspielen. Erst am Vortag hatte WTO-Chef Pascal Lamy betont, der Welthandel stehe wegen des Stillstands bei den Doha-Verhandlungen zum Abbau von Handelsschranken am Scheideweg. Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise seien Fortschritte bei der Liberalisierung dringender denn je. Protektionismus in vielen Ländern verhindere Wachstum und koste die Weltwirtschaft dadurch jedes Jahr rund 800 Milliarden Dollar (615 Mrd Euro).
Die Aussichten für die Weltkonjunktur bezeichnete Lagarde als "ziemlich düster". Es bestehe fast überall die Gefahr, dass sich das Wachstum verlangsame und die öffentlichen Haushalte ins Schwanken gerieten. Lagarde hatte bereits in der Vergangenenheit mit besonders skeptischen Aussagen auf sich aufmerksam gemacht. So bezifferte der IWF den Kapitalbedarf europäischer Banken, um gegen die Krise gewappnet zu sein, im September auf rund 200 Milliarden Euro - was auf große Kritik stieß. Der Stresstest der europäischen Bankenaufsicht ergab dann in der vergangenen Woche eine Summe von 115 Milliarden Euro, die bis zum Sommer 2012 aufgebracht werden soll.
Erst vor gut zwei Wochen hatte die OECD ihre Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft im kommenden Jahr nach unten korrigiert und auf große Ungleichgewichte verwiesen. Für die weltweit führenden Volkswirtschaften (G20) erwartet die Organisation 2012 einen Zuwachs von 3,8 Prozent. Dieser Durchschnittswert verberge aber riesige Unterschiede, hatten die Wirtschaftswissenschaftler gemahnt.
dpa/okr - Archivbild: Olivier Hoslet (epa)