Bei der ägyptischen Parlamentswahl sind auch in der zweiten Phase erhebliche Verstöße gegen die Wahlordnung registriert worden. Nach Angaben lokaler Medien zwangen Anhänger der radikal-islamischen "Partei des Lichts" die Wähler vor einem Wahllokal in der Provinz Al-Buhaira, ihnen ihre Stimme zu geben. Zuvor hätten sie Taschen voller Waren verteilt, hieß es. An mehreren Orten kam es zu Schlägereien zwischen Anhängern der Muslimbruderschaft und Unterstützern anderer Kandidaten.
Die Ägyptische Organisation für Wahlbeobachtung berichtete, es habe Wahllokale ohne Vorhang gegeben, so dass die Wähler gezwungen waren, vor allen Anwesenden ihren Stimmzettel auszufüllen. In einem Wahllokal habe der aufsichtführende Richter die Zettel eingesammelt und erklärt: "Wir werden sie später in die Urnen stecken." In einem anderen Wahlbezirk hätten sowohl die Unterstützer der islamistischen "Partei für Freiheit und Gerechtigkeit" als auch die Helfer der radikal-islamischen "Partei des Lichts" Getränke und Lebensmittelkonserven an die Wähler verteilt.
Ein Mitglied der Allianz «Die Revolution geht weiter» in der Provinz Al-Scharkija sagte, einer ihrer Kandidaten sei am Donnerstag schwer verletzt worden und liege im Koma. Die staatlichen Medien meldeten später, der Kandidat habe ein Blutgerinnsel im Kopf nachdem er von Polizisten geschlagen worden sei. Die Polizisten wollten ihn den Angaben zufolge daran hindern, das Wahllokal zu betreten, um mögliche Unregelmäßigkeiten zu dokumentieren.
Die zweite Etappe der ersten Parlamentswahl seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak im Februar umfasst neun Provinzen, darunter Giza, Suez und Assuan. In der ersten Etappe, die Ende November in Kairo und acht weiteren Provinzen begonnen hatte, hatten die beiden großen Islamisten-Parteien - die aus der Muslimbruderschaft hervorgegangene "Partei für Freiheit und Gerechtigkeit" und die "Partei des Lichts" - die Plätze eins und zwei belegt. Auf Platz drei landete die links-liberale Ägyptische Allianz.
Die restlichen Provinzen sollen Anfang Januar wählen. Danach steht die Wahl der zweiten Kammer des Parlaments an. Ein neuer Präsident soll Ende Juni gewählt werden.
dpa/okr - Bild: Khaled Elfiqi (epa)