Der russische Regierungschef Wladimir Putin hat massive Vorwürfe der Wahlfälschung zurückgewiesen und die Opposition in einer mehrstündigen TV-Livesendung scharf kritisiert. Die Kremlgegner wollten mit ihren Protesten gegen den Ausgang der Parlamentswahlen Chaos im Land stiften, sagte Putin am Donnerstag.
Putin rief dazu auf, ihn am 4. März 2012 zum Präsidenten zu wählen. Dies sei die einzige Garantie, das politische System Russlands gegen "Versuche (der Einflussnahme) von außerhalb" zu stabilisieren. In der Sendung antwortete Putin auch auf Fragen, die sich um soziale und wirtschaftliche Sorgen der Russen drehten.
Nach der Duma-Wahl am 4. Dezember demonstrierten Zehntausende Russen gegen Fälschungen. Dazu sagte Putin, das Ergebnis der Wahl spiegele die politische Meinung der Bevölkerung wider. Dass seine Regierungspartei Geeintes Russland Stimmenverluste erlitten habe, sei das Resultat einer "schwierigen Periode" in der Weltfinanzkrise. Die absolute Mehrheit sei ein "sehr gutes Ergebnis".
Webcams in den Wahlbüros?
Der frühere Geheimdienstchef Putin warf der Opposition vor, jungen Leuten Geld für die Teilnahme an Kundgebungen gezahlt zu haben. Die Kremlgegner hätten vor allem Zweifel an der Fairness der bevorstehenden Präsidentenwahlen wecken wollen. Die Opposition sollte aber die Möglichkeit erhalten, die Vorgänge in den Wahlbüros zu kontrollieren, sagte Putin. Er schlug vor, bei der Präsidentenwahl Internet-Kameras in allen 90.000 Wahlbüros zu installieren. Über die weißen Bänder, die Demonstranten als Symbol ihres friedfertigen Protests getragen hatten, sagte Putin sarkastisch, er habe diese für ein "Zeichen einer Anti-Aids-Kampagne" gehalten.
Trotz knapper Kassen und entgegen dem Rat von Experten versprach Putin erneut großzügige Finanzhilfen für sozial schwache Bürger. "Die grundlegende Gesundheitsversorgung in Russland muss kostenlos sein", sagte der 59-Jährige. Er zog eine positive Bilanz seiner Regierung. Es war Putins zehnte Live-Fernsehsprechstunde dieser Art. Putin war bereits von 2000 bis 2008 Staatsoberhaupt und will sich im März wieder in den Kreml wählen lassen. Amtsinhaber Dmitri Medwedew, der bei der Duma-Wahl Spitzenkandidat von Geeintes Russland war, soll dann in einer "Rochade am Roten Platz" Regierungschef werden.
Prochorow ohne Chance
Der russische Multimilliardär Michail Prochorow, der seine Kandidatur bei der Präsidentenwahl angekündigt hat, versprach im Falle seines Wahlsiegs eine Begnadigung des inhaftierten Kremlkritikers und Ex-Ölmagnaten Michail Chodorkowski. Der Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos hatte sich offen gegen Putin gestellt und war 2003 verhaftet worden. Die Prozesse gegen den Putin-Kritiker unter anderem wegen Geldwäsche gelten als politisch gesteuert. Prochorow gilt als widersprüchliche Figur. Politologen billigen dem Unternehmer, der als einer der reichsten Russen gilt, bei der Wahl bestenfalls sieben Prozent zu.
dpa - Bild: Anatoly Maltsev (epa)