Leicht wird die neue Aufgabe für Fatou Bensouda nicht: Als Nachfolgerin von Luis Moreno-Ocampo an der Spitze des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) muss sich die Gambierin künftig mit Despoten und blutrünstigen Kriegsherren ihres Heimatkontinents hautnah auseinandersetzen.
Beliebtheit wird sie sich damit bei vielen afrikanischen Staatschefs nicht einhandeln. Zudem muss sich die Juristin gegen die seit Jahren immer wieder aufkeimende Kritik wehren, dass die Behörde in Den Haag es nur auf Afrikaner abgesehen hat.
Gerichtshof will Opfer von Gräueltaten schützen
"Wir wollen keinesfalls das Gefühl vermitteln, dass der IStGH nur auf Afrika abzielt", sagte sie vor wenigen Jahren und fügte hinzu, sie hoffe, die Behörde werde als "wahrhaft internationales Gericht" wahrgenommen.
Das ist leichter gesagt als getan, wenn man bedenkt, dass alle bisher vor dem IStGH angeklagten Despoten und Rebellenführer vom Schwarzen Kontinent stammen - vom kongolesischen Kindersoldaten-Rekrutierer Thomas Lubanga über den sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir, gegen den ein Haftbefehl vorliegt, bis hin zum ehemaligen Staatschef der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, der erst vor wenigen Tagen nach Den Haag gebracht wurde.
Bensouda hat mehrmals betont, dem Gericht gehe es darum, die Opfer von Gräueltaten zu schützen, und nicht um Afrika im Speziellen. Einer ihrer Leitsprüche lautet: "Die Zeit der Straflosigkeit ist vorbei." Dennoch hat die Afrikanische Union (AU) immer wieder den "Doppelstandard" der Behörde kritisiert und bemängelt, dass Fälle wie der Irak, Gaza oder Burma nicht genügend Berücksichtigung finden.
Blitzkarriere wie aus dem Bilderbuch
1961 in der gambischen Hauptstadt Banjul geboren, hat Bensouda eine Blitzkarriere wie aus dem Bilderbuch absolviert: Nach Studien in Nigeria und auf Malta wurde sie mit 32 Jahren stellvertretende Direktorin für öffentliche Anklagen in der Generalstaatsanwaltschaft ihres Heimatlandes. Mit 35 Jahren wurde sie dort Generalanwältin, mit 37 war sie Justizministerin. Als 2002 der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR) eingerichtet wurde, übernahm die entschlossene und durchsetzungsstarke Juristin einen Posten als Rechtsberaterin. Nur zwei Jahre später wurde die Mutter von drei Kindern zur Vize-Anklägerin des IStGH berufen.
Bei ihrer Wahl zur Chef-Anklägerin setzte sie sich gegen 51 weitere Kandidaten durch. Dass nun eine Afrikanerin die Behörde lenkt, halten viele für das richtige Zeichen. Zudem sprechen ihre Erfahrung und Expertise für sich. Denn an Arbeit dürfte es Bensouda in den kommenden Jahren nicht mangeln: Völkermorde, Diktatoren und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gibt es auf der Welt leider immer noch genügend.
Über die Personalie befanden die 119 Staaten, die dem Vertrag über das Völkerstrafrecht beigetreten sind, am Sitz der Vereinten Nationen in New York. Der "Weltstrafgerichtshof" hat seinen Sitz in Den Haag und verfolgt Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Der Internationale Strafgerichtshof ist immer dann zuständig, wenn schwere Straftaten nicht auf nationaler Ebene geahndet werden können oder wenn einzelne Staaten ihn darum bitten. Zudem kann der UN-Sicherheitsrat dem Gerichtshof in Einzelfällen das Mandat zur Strafverfolgung erteilen, wenn das betreffende Land den IStGH nicht anerkennt.
dpa/jp - Bild: Evert-Jan Daniels (epa)