Sein Auftritt dauerte gerade mal 36 Minuten - und gilt als eine Art Versuchsballon.
Karl-Theodor zu Guttenberg, der einstige CSU-Superstar im Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel, macht nach seinem unrühmlichen Abgang als Minister wieder die ersten Schritte auf der politischen Bühne.
Als Ort dafür wählte er nicht Deutschland, wo es immer noch Kritik und Vorwürfe wegen Plagiaten in seiner Doktorarbeit hagelt, sondern Brüssel.
Im Gebäude der EU-Kommission gab der 40-Jährige sein Debüt. Und versuchte, die aufkommende Debatte über seine Rückkehr in die deutsche Politik gleich im Keim zu ersticken: «Dies ist kein politisches Comeback.»
Nicht alle nehmen Guttenberg das ab. Kritiker sprechen vom Inszenierungsversuch eines gescheiterten Politikers und einem absurden Schauspiel. So musste sich die für Digitales zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes, die Guttenberg angeheuert hatte, bei dem gemeinsamen Auftritt die Frage gefallen lassen, ob sie hier einem gefallenen Minister einen neuen Job besorge.
Talent gesucht, Heiligenschein nicht erforderlich
«Ich bin niemand, der Jobs für Leute schafft, die nicht mehr aktiv sind. ... Karl-Theodor ist ziemlich aktiv», sagte die für ihre Durchsetzungskraft bekannte Kroes resolut. Sie selbst sei auf ihn zugekommen - und nicht umgekehrt. Auffallend sprach Kroes «Karl-Theodor» mit dem Vornamen an und legte ihm beim Verlassen des Saals vertraut die Hand auf die Schulter. Die niederländische Liberale war des Lobes voll über ihren neuen Berater, der derzeit für das US-amerikanische Institut Center for Strategic and International Studies (CSIS) arbeitet.
Kroes vertraut dem Deutschen nach eigenen Worten ohne Vorbehalt: «Andernfalls hätte ich ihn nicht gefragt.» Auch sie selbst habe im Übrigen mehr aus ihren Fehlern gelernt als aus ihren Erfolgen, sagte die Kommissarin in Anspielung auf Guttenbergs abgeschriebene Passagen in seiner Doktorarbeit. «Er ist kompetent, er ist talentiert, er schaut über den Tellerrand.» Sie brauche jemanden wie Guttenberg: «Ich suche nach Talent und nicht nach Heiligen.»
Doch ist Guttenberg, dessen Arbeit von Plagiatsjägern im Internet intensivst untersucht wurde, wirklich die richtige Galionsfigur für das freie Internet? In Sachen Netz hat sich der Ex-Minister bisher nicht als Experte hervorgetan, er galt vielmehr als Befürworter von Internet-Sperren und der vorsorglichen Speicherung von Daten.
Twitter spottet
Viele Twitter-Nutzer halten den ehemaligen Verteidigungsminister für ungeeignet - und verballhornten Kroes' Ausspruch mit spöttischen Tweets, die alle mit dem ominösen Satz endeten, wobei aus «Talent» immer «Talente» wurde.
Der Nutzer @holadiho schrieb etwa: «Berlusconi wird Anti-Korruptionsbeauftragter der EU - Kroes: "Ich suche Talente, keine Heiligen"». @moritzadler wollte den 108-jährigen Johannes Heesters zum Berater für Jugendschutzfragen machen, @abotis den autokratischen Präsidenten von Simbabwe, Robert Mugabe, zum Berater für Menschenrechtsfragen. @himmelkreis drehte das Zitat um: Der Papst werde EU-Berater für Sexualforschung - «Kroes: "Ich suche Heilige, ich brauche keine Talente".»
dpa - Bild: Marius Becker (epa)
Man sollte nicht vergessen, dass seine Frau Stephanie zu Guttenberg Präsidentin des deutschen Kinderschutzvereins "Innocence in Danger" ist, in dessen Rahmen (u.A. durch die Unterstzützung der vielfach kritisierten Fernsehsendung "Tatort Internet – Schützt endlich unsere Kinder") immer wieder unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Kinderpornographie Internetsperren gefordert werden.