Zu dem versuchten Briefbombenanschlag auf Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat sich eine linksanarchistische Gruppe aus Italien bekannt.
Bei der Spurensicherung sei ein handschriftliches Bekennerschreiben der "FAI - Federazione Anarchica Informale" entdeckt worden, teilten das hessische Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Donnerstag mit. Bei der "FAI" handele es sich um eine terroristische, linksanarchistische Organisation. "Wir nehmen das ernst", sagte Oberstaatsanwältin Doris Möller-Scheu.
Die Gruppe habe in der Vergangenheit mehrfach die Verantwortung für Anschläge gegen staatliche Organisationen in Europa mit Schwerpunkt in Italien übernommen, heißt es in der Mitteilung. In ihrem Bekennerschreiben werde vor "drei Explosionen gegen Banken, Bankiers, Zecken und Blutsauger" gewarnt. Die Ermittler gehen daher davon aus, dass noch zwei andere Briefbomben verschickt worden sein könnten.
"FAI" auch zu einer Operation "Santa Klaus" 2003 bekannt
Bereits 2003 habe es einen Anschlagversuch mit einer Briefbombe auf die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt gegeben. Damals habe auch ein Bekennerschreiben der "FAI" vorgelegen. Generalbundesanwalt und das Bundeskriminalamt hatten ermittelt, aber keine Tatverdächtigen ausgemacht.
Nach italienischen Medienberichten hat sich die "FAI" auch zu einer Operation "Santa Klaus" 2003 bekannt. Dabei ging es um eine Reihe von Briefbomben an den damaligen EZB-Präsidenten, den Präsidenten der Europäischen Volkspartei und an Romano Prodi, damals EU-Präsident. Auch zu einem vereitelten Briefbombenanschlag auf ein Hochsicherheitsgefängnis in Athen im März dieses Jahres bekannte sich die FAI - ebenso zu Anschlägen auf die Botschaften Chiles und der Schweiz in Italien am Tag vor dem Heiligen Abend 2010. Zwei Menschen waren dabei verletzt worden.
Das gerollte Bekennerschreiben in Frankfurt war laut Staatsanwaltschaft in einem persönlich an Ackermann adressierten DIN-A-5-Umschlag versteckt und auf Italienisch verfasst. LKA-Sprecher Udo Bühler sprach von einer "sehr brisanten, gefährlichen Bombe".
Sprengstoffverdächtiger Brief geröntgt
Der sprengstoffverdächtige Brief war am Mittwoch in der Poststelle der Deutschen Bank geröntgt worden. Dabei wurden Drähte und Metallteile der Zündvorrichtung und des Auslösers entdeckt, berichteten Ermittler. Die Bank informierte die Polizei, diese zog Experten des LKA hinzu, die die Briefbombe entschärften. Verletzt wurde niemand. Ackermann war nicht im Haus.
"Das war kein Sprengstoff, weder militärischer oder gewerblicher", sagte ein Polizeisprecher. Das Pulver hätte beim Öffnen des Umschlags "aber mit Sicherheit gefährlich werden" und Verbrennungen an Hand, Gesicht und Oberkörper verursachen können. "Ziel war es, eine Person zu schädigen." Möglicherweise sei das Pulver selbst hergestellt worden, oder es stamme aus einem Feuerwerkskörper oder einer Vogelschreckpatrone.
Ackermann, der seit rund neuneinhalb Jahren an der Spitze der Deutschen Bank steht, ist einer der umstrittensten Banker Deutschlands. Aber in der Branche - Ackermann ist unter anderem Präsident des internationalen Bankenverbandes IIF - und bei Politikern hat sein Wort Gewicht. Ohne Staatshilfe führte er den Dax-Konzern durch die Finanzkrise.
"Die Deutsche Bank ist sehr betroffen über den gewalttätigen Anschlag auf Dr. Ackermann", betonte ein Sprecher. Die Bank habe die Mitarbeiter an all ihren Standorten informiert und die Sicherheitsvorkehrungen erhöht, sagte ein anderer Sprecher. Nach dem Eingang der Briefbombe war auch die Finanzmetropole New York in erhöhter Alarmbereitschaft. Es gebe aber keine spezifische Bedrohung, die damit zusammenhänge, hieß es dort.
Ob sich das FBI in die Ermittlungen eingeschaltet hat, war in Deutschland zunächst unklar. Die "New York Times" berichtete in einem Blog, das FBI arbeite mit den deutschen Behörden zusammen. Die New Yorker Polizei verschickte eine Warnung an Wall-Street-Unternehmen, dass sie bei Paketen "besonders vorsichtig" sein sollten. Die Polizei verstärkte auch die Sicherheit in der Finanzmetropole. Sie habe zusätzlich zu den Streifen rund um die Büros der Deutschen Bank in der Stadt 10 000 Sicherheitsleute alarmiert.
dpa/mh - Bild: Fredrik Von Erichsen (epa)