Nach heftigem Streit zwischen der Nato und Russland um die Raketenabwehr in Europa hat Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen von einem "Missverständnis" gesprochen und vor einer Überreaktion gewarnt.
Nach einem Treffen der Nato-Außenminister in Brüssel kritisierte Rasmussen die Ankündigung Russlands, als Reaktion auf die Raketenabwehr eigene Raketen in der Nähe der Nato-Grenzen zu stationieren.
"Ich muss sagen, dass solche Antworten uns an die Konfrontation einer vergangenen Zeit erinnern", sagte er am Mittwoch in Brüssel. "Ich vermute, dass es sich um ein grundlegendes Missverständnis hinsichtlich der Größe und des Zwecks unserer Raketenabwehr handelt", sagte Rasmussen.
Er hoffe, dass es bis zum nächsten Nato-Gipfel im Mai 2012 in Chicago eine Einigung mit Russland über die Raketenabwehr gebe. Das Abwehrsystem sei nicht gegen Russland, sondern gegen Länder wie den Iran gerichtet. Mit Moskau werde eine enge Zusammenarbeit gegen eine gemeinsame Bedrohung angestrebt. "Ich denke nicht, dass wir überreagieren sollten. Ich bin noch optimistisch und glaube, es gibt eine gute Chance, eine Einigung zu erreichen." Die Nato-Minister treffen an diesem Donnerstag mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow zusammen.
"Wir sind einer Blockade nahe", sagte der französische Außenminister Alain Juppé. "Wir müssen Russland davon überzeugen, dass die Raketenabwehr nicht gegen sie gerichtet ist. Wenn wir das lange genug tun, dann werden sie es schließlich verstehen."
Äußerungen des russischen Nato-Botschafters Dmitri Rogosin, es bestehe ein Zusammenhang zwischen Raketenabwehr und der Erlaubnis für den Transport von Nato-Nachschub durch Russland nach Afghanistan, bezeichnete Rasmussen als "leere Drohung". "Es liegt eindeutig im russischen Interesse, zu unserem Erfolg in Afghanistan beizutragen. Russland weiß aus bitterer Erfahrung, dass Instabilität in Afghanistan auch Auswirkungen auf Russland hat."
Die Außenminister kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung die Angriffe serbischer Demonstranten gegen Soldaten der von der Nato geführten Kosovo-Schutztruppe KFOR. Die Gewalt sei nicht hinnehmbar. Die Nato lud nordafrikanische Länder zu einer engeren Zusammenarbeit ein. Sofern Libyen den Wunsch habe, dem "Mittelmeer-Dialog" der Nato mit den Mittelmeer-Anrainern beizutreten, werde diese wohlwollend geprüft. Die Minister bekannten sich auch zum Ziel der Rüstungskontrolle.
dpa/sh - Bild: Olivier Hoslet (epa)