Das hoch verschuldete Italien muss den Gürtel deutlich enger schnallen: Die neue Regierung von Mario Monti verabschiedete am Sonntag per Dekret ein drastisches Spar- und Reformpaket. Es enthält auch eine größere Rentenreform und soll 24 Milliarden Euro in die leeren Staatskassen bringen.
Das Dekret hatte das Expertenkabinett des parteilosen "Professore" ursprünglich erst am Montag verabschieden sollen. Es könnte bis Weihnachten beide Parlamentskammern passieren. Die Gewerkschaften kritisieren die Pläne allerdings als "sozial komplett unverträglich".
Dem 68-jährigen Ex-EU-Kommissar Monti geht es darum, mitten in der tiefen Euro-Schuldenkrise ein Zeichen zu setzen, Forderungen aus Brüssel zu erfüllen und Italien aus der Schusslinie der skeptischen Finanzmärkte zu bringen.
Vorgesehen sind in dem Sparpaket unter anderem eine einschneidende Rentenreform, eine Streichung von Steuererleichterungen sowie eine mögliche Mehrwertsteuererhöhung um zwei Prozentpunkte. Das Rentenalter soll angehoben werden - sowohl im öffentlichen Dienst als auch im Privatsektor -, am Inflationsausgleich soll gespart werden. Der öffentliche Dienst soll zudem personell gekürzt und organisatorisch gestrafft werden. Auch eine Immobiliensteuer gehört zu den für Millionen Italiener schmerzhaften Maßnahmen.
Italien hat nach Griechenland den höchsten Schuldenstand der Eurozone - gemessen an der Wirtschaftsleistung. Mit den Sparmaßnahmen will Monti nicht nur - wie schon von Silvio Berlusconi versprochen - den Staatshaushalt bis 2013 ausgleichen, sondern auch das schwache Wirtschaftswachstum ankurbeln.
Monti appelliert an Gewerkschaften
Seine Regierung habe die schwierige Aufgabe, "Italien aus der schwersten Krise zu holen", sagte Monti am Abend. Dabei sei die hohe Verschuldung, unter der das Land leide, "unsere Schuld und nicht die Europas". Die Regierung habe versucht, Notmaßnahmen mit entschiedenem Vorgehen gegen Steuerhinterziehung und mit Wachstumsstimulanzen zu verbinden, erläuterte der Regierungschef. Italien dürfe nicht länger von Europa als dubioser Konfliktherd angesehen werden.
An die Gewerkschaften appellierte Monti mitzuziehen: Italien habe die Wahl zwischen "den geforderten Opfern einerseits oder einem bankrotten Staat und einem zerstörten Euro andererseits". Die Kosten des politischen Apparats sollten verringert werden, kündigte Monti außerdem an. Er verzichte als Geste auf sein Gehalt.
Die vor allem im Norden starke populistische Lega Nord - bis vor kurzem Bündnispartner Berlusconis - drohte wegen der Sparpläne erneut mit Sezession. Die Partei setzt sich seit Jahren für eine größere Unabhängigkeit von Rom und dem armen Süden ein und fürchtet, dass vor allem der reiche Norden zur Kasse gebeten wird.
Die Gewerkschaften, denen Monti am Sonntagmorgen die geplante Rentenreform unterbreitet hatte, lehnen die Sparmaßnahmen eindeutig ab. "Soziale Gleichheit ist nicht vorhanden", sagte die Chefin der größten italienischen Gewerkschaft CGIL, Susanna Camusso. Die Regierung Monti drohe mit ihren Maßnahmen in die Fußstapfen Berlusconis zurückzufallen. Man wolle "Kasse auf Kosten der Armen" machen, sagte Camusso. Die CGIL will am kommenden Dienstag über die Auswirkungen des Monti-Pakets beraten. Auch Streikdrohungen gab es schon vorab.
EU begrüßt italienisches Sparprogramm
Die EU-Kommission hat das Sparpaket der italienischen Regierung begrüßt. EU-Währungskommissar Olli Rehn sprach von einem wichtigen Schritt zur Stützung der öffentlichen Finanzen. Dank des Sparpakets könne Italien im Jahr 2013 wieder einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, sagte Rehn. Dies sei erforderlich, um die Glaubwürdigkeit in die italienische Wirtschaft wieder herzustellen und die sehr hohen Schulden unter Kontrolle zu bringen.
Die Sparpläne der neuen italienischen Regierung sorgten auch weiter für Entspannung am Anleihenmarkt. Am Montagmorgen rutschte die Rendite für italienische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren um 0,32 Prozentpunkte auf 6,325 Prozent. Zuletzt war der Zinssatz für die zehnjährigen Anleihen zeitweise über die kritische Marke von 7,0 Prozent gestiegen.
Bei Renditen über diesem Wert hatten Griechenland, Irland und Portugal internationale Hilfe beantragt.
dpa/est - Bild: Claudio Onorati (epa)