Die neue Ära Ägyptens wird im Zeichen der Islamisten stehen: Im Parlament werden islamistische Parteien wahrscheinlich eine satte Mehrheit haben. Das geht aus den inoffiziellen Ergebnissen der ersten Runde der Parlamentswahl hervor.
Die offiziellen Ergebnisse des ersten Wahlgangs, bei dem am Montag und Dienstag die Bewohner von Kairo, Alexandria und sieben ländlichen Provinzen ihre Stimmen abgegeben hatten, soll an diesem Freitag veröffentlicht werden.
Die ägyptische Muslimbruderschaft, die sich selbst als «moderat islamisch» bezeichnet, präsentiert nach ihrem guten Abschneiden im ersten Wahlgang die erste islamische Gemeinschaft unter dem Propheten Mohammed als Vorbild für das «neue Ägypten».
Frieden und Sicherheit
Das Oberhaupt der Muslimbrüder, Mohammed Badia, erklärte in einer Botschaft, es sei die Stärke der islamischen Zivilisation, «dass sie eine mit Gott verbundene Zivilisation ist». In einer islamischen Gesellschaft müsse niemand Hunger leiden. Alle könnten in Frieden und Sicherheit leben.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich bei einem Besuch in Kairo neulich eine Abfuhr von den Muslimbrüdern geholt. Er hatte die Türkei - einen zwar von Islamisten regierten, aber säkularen Staat - als Vorbild gepriesen.
Nach den inoffiziellen Angaben erhielt die Partei der Muslimbrüder (Partei der Freiheit und Gerechtigkeit) mehr als 40 Prozent der Stimmen. Auf dem zweiten Platz landete die radikal-islamistische Partei des Lichts, die in einigen Provinzen mehr als 30 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Die von linken und liberalen Parteien gebildete Ägyptische Allianz lag in den meisten Bezirken auf dem dritten Platz.
In einigen Bezirken steht am nächsten Montag eine Stichwahl an. Danach soll in den restlichen 18 Provinzen gewählt werden. Die genaue Verteilung der 498 Sitze wird am 13. Januar bekanntgegeben. Das neue Parlament wird die Aufgabe haben, eine neue Verfassung zu formulieren. Ende Juni wird dann ein neuer Präsident gewählt. Danach soll sich der Oberste Militärrat, der seit dem Abgang von Mubarak die Zügel in der Hand hält, wieder aus der Politik zurückziehen.
dpa/sh - Bild: Khaled Elfiqi (epa)
Ob jene Ägypter, die sich gegen den Diktator erhoben haben um eine moderne Demokratie in Ägypten zu erschaffen, über diese Entwicklung glücklich sind, darf bezweifelt werden.
Es ist die erste freie Wahl und vermutlich auch die letzte freie Wahl.
Man sollte schon sehr weltfremd sein zu glauben, dass die Islamisten sich die Fäden in Zukunft noch jemals aus der Hand nehmen lassen, zumal insbesondere die Salafisten jede Form von Demokratie ablehnen.
Vermutlich werden sich in absehbarer Zeit nicht wenige Ägypter den Diktator zurückwünschen, die gleiche Entwicklung ist in Tunesien schon zu beobachten.
Sicher war Mubarak ein Diktator, aber immerhin einigermaßen berechenbar.
Von Religionswächtern auf der Strasse, in den Schulen und im gesamten öffentlichen Leben drangsaliert zu werden dürfte vielen jungen und modern eingestellten Frauen schon sehr bald das tieftraurige Resultat ihres Aufbegehrens vor Augen führen.
Unterdrückung, Zwangsverheiratung und Misshandlung - Demokratie haben sich viele redliche Protestiererinnen wohl ganz anders vorgestellt. Der Traum von einer Demokratie nach westlichem Vorbild wird sich sehr schnell in der Dunkelheit mittelalterlicher Ansichten und Zwänge verlieren.
Es ist unverkennbar, dass der arabische Frühling bereits von den Islamisten gekapert wurde. Deren Ansichten sind hinlänglich bekannt und haben mit Demokratie rein gar nichts zu tun.
Realisten haben von den Umwälzungen im arabischen Raum nichts anderes erwartet, dennoch schmerzt es sehr zu sehen, wie der demokratische Aufbruch von den Islamisten bereits im Keim schon wieder erstickt wird.