Weniger als einen Monat nach den ersten freien Wahlen in Tunesien haben die Koalitionspartner die wichtigsten Regierungsposten besetzt. Staatspräsidenten wird Moncef Marzouki von der Mitte-Links-Partei CPR (Kongress für die Republik).
Das Amt des Ministerpräsidenten übernimmt der islamistische Politiker Hammadi Jbeli von der Ennahda-Partei. Die Bewegung um Spitzenpolitiker Rachid Ghannouchi hatte die Wahlen am 23. Oktober mit riesigem Vorsprung gewonnen. Sie besetzt in der verfassungsgebenden Versammlung 89 von 217 Sitzen und ist damit dreimal so stark wie die zweitstärkste politische Kraft CPR.
Dem Drei-Parteien-Abkommen zufolge wird Mustapha Ben Jaâfar von der sozialdemokratischen Partei Ettakatol (FTDL) Chef des Übergangsparlaments. Die Versammlung tritt heute (Dienstag) erstmals zusammen. Innerhalb eines Jahres will sie eine neue politische Ordnung erarbeiten. Dann sind Neuwahlen vorgesehen.
Liberale Tunesier hatten wegen des Wahlsiegs der Islamisten einen für sie dramatischen Wandel des Landes befürchtet - bis hin zu Kopftuchzwang und Alkoholverbot. Konkrete Hinweise auf drohende Einschnitte der Bürger- und Freiheitsrechte gibt es bisher jedoch nicht. Die Ennahda (Wiedergeburt) präsentiert sich derzeit als moderne Partei nach dem Vorbild der türkischen AKP. Unter dem gestürzten Langzeitherrscher Zine el Abidine Ben Ali galt sie allerdings als extremistisch und war verboten. Im Januar hatte die tunesische Bevölkerung Präsident Ben Ali aus dem Amt gejagt und damit den "Arabischen Frühling" in Gang gesetzt.
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